Vernehmlassungsantwort zur Totalrevision des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF)

Übernommener Text

Dieser Artikel wurde zuerst auf der Website der Swiss Privacy Foundation veröffentlicht. Der Verein fusionierte 2016 mit der Digitalen Gesellschaft. Da es deren Website nicht mehr gibt, der Artikel aber im Zusammenhang mit den Tätigkeiten der Digitalen Gesellschaft steht, wurde er hier ins «Archiv» übernommen.

Die Swiss Privacy Foundation hat heute ihre Vernehmlassungsantwort versandt.

Der Verein steht der geplanten Totalrevision des BÜPF kritisch gegenüber. Der vorgelegte Entwurf ist ungenau und schiesst weit über das Ziel hinaus. Er erweitert entgegen den Beteuerungen aus dem erläuternden Bericht den Gegenstand des BÜPF beträchtlich. Dem verfassungsmässig garantierten Schutz der Privatsphäre und der Verhältnismässigkeit hinsichtlich des technischen und finanziellen Aufwands wird nicht angemessen Rechnung getragen.

Worum geht’s im Entwurf?

  • Eine aktive Überwachungspflicht soll neu für sämtliche professionellen Anbieterinnen von Dienstleistungen und Inhalten im und zum Internet gelten. Vom gültigen Gesetz sind bereits sämtliche Access Provider betroffen – neu soll es ein ganzer Industriezweig sein. Darüber hinaus ist eine Mitwirkungspflicht für alle nicht professionellen Anbieterinnen und Privatpersonen vorgesehen.
  • Zur Zeit können E-Mails, Telefonate, SMS, Briefe etc. überwacht werden. Neu soll dies für den kompletten Internet-Datenverkehr gelten.
  • Den Providern sollen die wichtigste Rekursmöglichkeit und die Entschädigungen gestrichen werden. Für das Überwachungsequipment, das nötige Personal und die Zertifizierung müssten sie selber aufkommen.
  • Die Überwachungsbehörde soll neu verdeckt und über das Netz in fremde Computer eindringen und Schad-/Überwachungssoftware anbringen dürfen.
  • Für die gewonnenen Daten aus der flächendeckenden und verdachtsunabhängigen Überwachung sämtlicher NutzerInnen von Telefon-, E-Mail- und Internetdiensten ist eine verdoppelte Speicherdauer vorgesehen.

Die Swiss Privacy Foundation nimmt dazu ausführlich in ihrer Vernehmlassungsantwort Stellung. Aus den dargelegten Gründen lehnt die Organisation den vorgelegten Revisionsentwurf ab. Der Verein anerkennt gewisse Mängel am gültigen Gesetz und fordert daher, die Revision grundsätzlich und gründlich zu überarbeiten:

  • Eine genauere Definition des Geltungsbereichs ist wünschenswert. Das Gesetz hat jedoch im Bereich Internetüberwachung weiterhin nur für professionelle Access Provider zu gelten.
  • Die Definition der Datenarten, welche im Rahmen einer Überwachung angeordnet werden können, müssen auf Gesetzesstufe geregelt werden. Sie sind als «E-Mail», «Telefongespräche (auch über das Internet)», «Textnachrichten (wie SMS)» etc. festzuhalten – und dürfen nicht pauschal «den gesamten Datenfluss» betreffen.
  • Es ist per Gesetz die Möglichkeit vorzusehen, dass ein betroffener Provider die Rechtmässigkeit einer Überwachungsanordnung gerichtlich überprüfen lassen kann. Die Kosten für die Überwachung ist ihnen zu entschädigen, und auf eine Zertifizierung ist zu verzichten.
  • Auf die Möglichkeit einer «Online-Durchsuchung» ist zu verzichten.
  • Eine verdachtsunabhängige und flächendeckende Vorratsdatenspeicherung hat in einem freiheitlichen Rechtsstaat nichts verloren. Falls auf diese Massnahme nicht verzichtet werden kann, darf sie nur unter strengsten Auflagen vorgenommen werden. Die Aufbewahrungsfrist der Daten darf nicht auf 12 Monate verlängert werden.