Simonetta Sommaruga und die Terrorismuskeule

Mehrfach hat Simonetta Sommaruga an der Pressekonferenz zur Revision des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) vor einem Monat betont, dass die Überwachungsmassnahmen «einzig und alleine [der] Aufdeckung und Verfolgung von schweren Straftaten”, “organisierter Kriminalität” und “Terrorismus” dienten.

Carlos Hanimann hat die Statistiken zum BÜPF und zur Vorratsdatenspeicherung genauer untersucht und die Resultate in der aktuellen WOZ anschaulich dargestellt:

Wenn der Überwachungsapparat ausgebaut werden soll, wird dies fast immer mit denselben drei oder vier Verbrechensbereichen begründet, die man entschieden bekämpfe­n möchte: Terrorismus, Kinderpornografie und kriminelle Organisationen. Diese Delikte waren allerdings nur für einen Bruchteil der Über­wachungen ursächlich: 2,3 Prozent der Überwachungen erfolgten wegen Verdachts auf Terrorismus (239 Fälle), 0,4 Prozent wegen Kinderpornografie (41 Fälle) und 0,8 Prozent wegen krimineller Organisationen (79 Fälle nach Strafgesetzbuch Artikel 260ter).

Und er kommt zum Schluss:

Als Justizministerin Simonetta Sommaruga Ende Februar das neue Gesetz vorstellte, sagte sie, es sei ihr klar, dass «Schlagwörter wie ‹Fichenskandal› oder ‹Big Brother› – oder in meinem Fall jetzt ‹Big Sister›» schnell fallen würden. Sie wolle deshalb klarstellen, dass das Büpf «nichts mit präventiver Überwachung» zu tun habe. In der Botschaft zum neuen Gesetz heisst es zur Vorratsdatenspeicherung: «Diese Daten werden auf ‹Vorrat› für allfällige künftige Strafuntersuchungen aufbewahrt und sind zur Bekämpfung der Kriminalität unerlässlich.» Gäbe es eine bessere Beschreibung für «präventive Überwachung»?

Wie es sich für guten Datenjournalismus gehört, sind auch die der Grafik zugrunde liegenden Daten veröffentlicht.

Was noch interessant wäre: 2012 wurde in 239 Fällen wegen Verdachts auf Terrorismus ermittelt. Terrorismus – in der Schweiz?

(Update 26.3.2013: Terrorismus ist der vorsätzliche Angriff auf Zivilisten oder ziviles Eigentum mit dem Ziel, die Bevölkerung einzuschüchtern oder einen Staat oder eine internationale Organisation zu einem Tun oder Unterlassen zu nötigen.)