«Das war ja alles längst bekannt», ist in letzter Zeit öfter in persönlichen Gesprächen zu hören, die sich um die Machenschaften der Geheimdienste drehen. Und es hat auch einen wahren Kern. Doch neben der Anschlussfrage, wieso denn nicht schon längst etwas dagegen unternommen wurde, ist die Feststellung auch inhaltlich nicht korrekt.
Natürlich war bekannt, dass die NSA und auch der Schweizer Nachrichtendienst des Bundes (NDB) die Satellitenkommunikation automatisiert auf einen Stichwortkatalog abhorcht – und dass es dabei auch um Wirtschaftsspionage und den Handel mit Daten unter den Geheimdiensten geht. Ein entsprechender Bericht der EU zum Echelon-Abhörsystem ist dann aber leider nach 9/11 ohne entsprechende Konsequenzen in einer Rats-Schublade verschwunden.
Doch auch wenn heute Bundesrat Ueli Maurer noch zwei Gänsefüsschen in die Luft malt, wenn er von den «Enthüllungen des Herrn Snowden» spricht, können diese nicht mehr wegdiskutiert werden. Auch die NSA tut sich beim Dementieren der Abhörpraktiken merklich schwer und flüchtet sich in überspezifische Dementi. Vieles bleibt komplett unwidersprochen. Wer heute hin und wieder sein Handy ausschaltet, ist sicherlich kein Paranoiker mehr.
Viel spannender ist aber eigentlich, sich die Dimensionen der nun bekannten Überwachung nochmals vor Augen zu führen. Hier geht es nicht mehr um Telefonate, Faxe und Internet-Verbindungen via Satellit, deren Signale aufgefangen und verarbeitet werden. NSA, GCHQ & Co. haben es darauf abgesehen, jeder unserer Datenspuren habhaft zu werden:
Sei es auf den Servern der grossen Internet-Anbieter – wie Microsoft (Skype), Google & Apple – oder in deren Cloud. Sei es auf hunderten von (internationalen) Glasfaserkabeln. Hier werden die Zugriffspunkte auch gleich verwendet, um gezielt Schadsoftware einzuschleusen.
Es werden aber auch Konferenzen verwanzt, Botschaftsgebäude und die UNO abgehört – und schon mal der Provider der EU-Verwaltung in Brüssel unterwandert. Oder Hintertüren und bewusste Schwächen in Kryptographie-Protokolle und -Produkte eingeschleust.
Handystandortdaten von Millionen von Geräten quer über den Erdball werden zu umfassenden Bewegungsprofilen verarbeiten. Die NSA rühmt sich zudem, auch direkt auf Geräte von Apple, Blackberry und Google zugreifen zu können, um die persönlichen Daten abzugreifen.
Gibt es auf diese Art keinen Zugriff, werden Pakete mit Notebooks und PCs auf dem Weg zum Kunden abgegriffen und manipuliert. Oder von Serverbetreibern Keys für die Verschlüsselung per Geheimgericht herausgepresst. Oft weiss die Firmenführung nicht einmal, welche Abmachungen Mitarbeiter mit den Behörden schliessen mussten. Und diese sind natürlich zur Geheimhaltung verpflichtet.
Zusätzlich werden auch noch die Daten aus dem internationalen Zahlungsverkehr, umfassende Flugpassagierdaten etc. an die USA ausgehändigt.
Dabei nimmt die NSA in Kauf, dass sowohl das Vertrauen in die US-Internet-Wirtschaft wie auch in das Land selber nachhaltig beschädigt wird. Dem Ziel, die BewohnerInnen dieser Erde gläsern zu machen, wird alles untergeordnet: Privatsphäre, Grundrechte und letztlich die Demokratie. Das ist Daten-Totalitarismus.
(Pauschal als Quelle sei hier Heise oder die Wikipedia aufgeführt.)