Der Erste Staatsanwalt von St. Gallen, Thomas Hansjakob, ist einer der grössten Befürworter der Revision des Bundesgesetzes über die Post- und Fernmeldeüberwachung (BÜPF). In einem Kommentar «Sind Straftaten im Internet Privatsache?» im St. Galler Tagblatt geht er auf die Revision ein, allerdings lässt Hansjakob gerne relevante Details zur Revision weg.
Mit der Revision des Bundesgesetzes über die Post- und Fernmeldeüberwachung (BÜPF) sollen neu Staatstrojaner eingesetzt werden dürfen. Bisher hat es bereits ein paar wenige Trojanereinsätze gegeben, allerdings ohne eine fundierte Rechtsgrundlage dazu zu haben. Die Revision des BÜPF soll nun die Gesetzesgrundlage schaffen. Rechtsanwalt Martin Steiger äusserte sich wie folgt dazu: «Im Strafrecht gilt das Legalitätsprinzip: Die Strafverfolgungsbehörde darf nur Mittel gebrauchen, die ausdrücklich zugelassen sind.» Doch Hansjakob hat damals die Staatstrojanereinsätze auch ohne gesetzliche Grundlage für legitim erklärt.
Richterliche Genehmigung von Überwachung
Hansjakob unterstreicht immer wieder, dass es eine richterliche Genehmigung für Überwachung brauche. Für einfache Auskünfte wird keine richterliche Genehmigung benötigt, da diese Ermittlungen meist ausserhalb eines Strafverfahrens stattfinden. Wenn die Polizei allerdings aktiv mithören oder rückwirkend auf die Vorratsdaten zugreifen will, ist eine richterliche Anordnung nötig. Nur, der Richter muss ein Gesuch auf Überwachung nur dann begründen, wenn er es ablehnt und die Überwachung damit nicht durchgeführt wird. Entscheidet sich der Richter für eine Überwachungsmassnahme, so ist diese Massnahme nicht zu begründen. Es liegt auf der Hand, dass die Richter tendenziell einer Zwangsmassnahme zur Überwachung zustimmen, statt diese Abzulehnen. Das hat zwei Gründe:
Erstens will der Richter nicht die Verantwortung übernehmen, falls nach einer verweigerten, nicht durchgeführten Überwachung etwas passiert, und zweitens ist es mühsam, eine Urteilsbegründung zu formulieren, wenn man im Gegenzug das Gesuch nur unterschreiben und abstempeln kann. Stattdessen sollten die Richter bewilligte Überwachungsmassnahmen begründen müssen, statt umgekehrt. In der Folge wird die Qualität der Überwachungsmassnahmen steigen.
Ein Staatstrojaner ist nichts anderes als ein staatlicher Virus
Diese Aussage weist der Staatsanwalt entschieden zurück. Warum Staatstrojaner dennoch staatliche Viren sind: Ein Staatstrojaner ist ein Programm, das sich im Auftrag der Strafverfolgungsbehörden auf dem Computer von Verdächtigen einnistet und dort die verschlüsselte Kommunikation des Computers an die Behörden weiterleitet. Selbst Thomas Hansjakob bestreitet nicht, dass Trojaner mehr können als vom Gesetz erlaubt. Es ist also Vertrauenssache, dass die Überwachenden, den vollen Funktionsumfang des Trojaners nicht antasten. Über die Herstellerin des Trojaners gibt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) keine Auskünfte. Über Fragen wie der Trojaner auf einen Computer kommen soll, schweigen die Verantwortlichen ebenfalls eisern.
Thomas Hansjakob wiederholt immer wieder, dass Staatstrojaner zur Überwachung von verschlüsselter Kommunikation wie Skype oder Whatsapp unabdingbar sind. Herr Staatsanwalt, das ist schlicht falsch. Sie sollten wissen, dass sie bei Skype oder Whatsapp anklopfen können, und ohne grosse Bürokratie wird ihnen Zugriff auf die vorhandenen Kundendaten gegeben. Als Staatsanwalt können sie die Anfrage sogar faxen und sie erhalten erst noch rückwirkend Zugriff. Jede gewichtige Kommunikationsdienstanbieterin verfügt über ein Team (Law Enforcement Relationship Management), dass Ihnen gerne Auskunft geben würde. Allerdings versuchen Sie lieber einen rechtsstaatlich umstrittenen Staatstrojaner einzuführen, statt den vorhandenen Rechtsweg zu nutzen.
Dieser Text ist in gekürzter Form im Tagblatt Forum erschienen.