Die derzeitigen «Fortschritte» bei dem in der Vernehmlassung befindlichen Nachrichtendienstgesetz (NDG) lösen – zumindest bei uns – eine Art ungläubiges Staunen aus.
Staunen darüber, wie unkritisch der Nationalrat als erste Kammer das Gesetz ohne dringend nötige Verbesserungen durchgewunken hat. Verwunderung darüber, wie die vorberatende Ständeratskommission sich mit Fragen an den Bundesrat begnügt und den Gesetzesentwurf unkorrigiert weiter vorwärtstreibt.
Staunen darüber, dass offensichtlich auch nach Wavecom, nach einem Offenen Brief zusammen mit Amnesty International und dem schweizerischen Konsumentenschutz, dem Negativbeispiel des Deutschen Bundesnachrichtendienstes (welcher trotz theoretisch griffigen Kontrollinstanzen, völlig ausser Kontrolle ist), bei der bürgerlichen Parlamentsmehrheit keineswegs die Einsicht einkehrt, dass das NDG nicht nur keine Lösung, sondern selbst ein gewaltiges Problem ist.
Staunen darüber, dass eine dem Namen nach liberale Partei wie die FDP hemmungslos staatstragende Pfeiler wie die Unschuldsvermutung und das Recht auf Privatsphäre opfert und nicht erkennt, wie sie damit auch gleich noch den Staat ineffizienter macht. Und Erstaunen darüber, dass die SVP zwar gerne gegen fremde Richter wettert, trotzdem aber am 17. März nahezu geschlossen dafür votierte, dass in Zukunft unser Internetverkehr dazu dienen soll, ausländische Geheimdienste mit Daten zu füttern.
Da alle textuellen Aufklärungsversuche bisher kein Umdenken herbeiführen konnten, und weil das NDG bereits in der Sommersession im Ständerat debattiert wird, haben wir uns in den vergangenen Wochen einen neuen Ansatz ausgedacht und ausprobiert, ob der Ständerat für audiovisuelle Informationsvermittlung empfänglich ist:
Am 29. April – gut eine Woche vor dem eigentlichen DVD-Release – haben wir 46 Briefe an unsere StänderätInnen verschickt. Inhalt: Eine DVD mit dem oskargekrönten Dokumentarfilm CITZENFOUR zusammen mit dem von uns verfassten Bericht «Massenüberwachung durch die Geheimdienste: Wie ist die Schweiz betroffen, und welche Massnahmen sind notwendig?». In einem kurzen Anschreiben haben wir zudem jeden einzelnen Ständerat nochmals darum gebeten, das NDG in der aktuellen Form zu verhindern oder aber zumindest zu entschärfen.
Ob und wie die Aktion die Meinung der Ratsmitglieder beeinflussen mag, vermögen wir nicht einzuschätzen. Sollte ein Leser dieses Blogs die Gelegenheit dazu haben, Ständeratsmitglieder diesbezüglich zu befragen, so würden wir uns sehr über ein Update freuen.