Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne, ZH) hat den Bundesrat vergangene Woche gefragt, ob und wie Open Source Beschaffungen durch die internationalen TiSA-Verträge behindert würden:
Verbot von staatlichen Open-Source-Aufträgen im Rahmen des geplanten Tisa-Abkommens
Die Bürgerrechtsorganisation EFF hat eine Vorabversion des Tisa-Vertragstextes analysiert und fand Klauseln, die unter bestimmten Umständen die Ausschreibung von Open-Source-Software in öffentlichen Aufträgen verbieten (http://bit.ly/eff-tisa).
- Teilt der Bundesrat die Meinung, dass ein solches Open-Source-Verbot falsch und schädlich ist und auch aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt werden muss?
- Welche Position vertritt er im Rahmen der Tisa-Verhandlungen bzw. eines Open-Source-Verbots?
Bundesrat Johann Schneider-Ammann wollte in der Fragestunde diese Woche keine inhaltliche Antwort liefern, versprach aber auf Glättlis Nachfrage eine Antwort auf dem Schriftweg, ob der Bundesrat ein Ausschreibungsverbot von Open Source unterstützen würde.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann:
Die Tisa-Verhandlungen beinhalten diverse Vorschläge zu verschiedensten Themen, auch zum Themenkreis Informations- und Kommunikationstechnologien; der Bundesrat kommentiert von unbekannter Seite an die Öffentlichkeit gebrachte Texte und deren Authentizität grundsätzlich nicht. Unabhängig davon werden in öffentlichen Ausschreibungen des Bundes in der Regel die zu erbringenden Leistungen umschrieben. Vorschläge, welche dieses Grundprinzip des öffentlichen Beschaffungswesens beeinträchtigten, würden den internationalen Verpflichtungen zuwiderlaufen.
An den Tisa-Verhandlungen sind gegenwärtig 24 Staaten beteiligt, darunter auch die Schweiz. Die Schweiz beteiligt sich an den Tisa-Verhandlungen auf der Basis des Dienstleistungsteils des WTO-Doha-Mandates des Bundesrates. Dieses Mandat basiert auf der Konsultation der zuständigen Kommissionen der Räte und der Konferenz der Kantonsregierungen. Darauf gestützt, wird die Schweiz beim Service public keine Verpflichtungen eingehen. Die Anfangsofferte der Schweiz für die Tisa-Verhandlungen ist auf der Website des Seco öffentlich zugänglich.
Balthasar Glättli (G, ZH):
Geschätzter Herr Bundesrat, danke für Ihre Antwort. Ich verstehe, dass Sie in diesem Sinne den Text der Verhandlungen nicht kommentieren können. Ich bitte Sie aber um die Beantwortung folgender Frage, unabhängig davon, ob jetzt ein solcher Antrag vorliegt oder nicht: Würde sich die Schweiz dagegen aussprechen, oder wäre es für sie akzeptabel, wenn ein solches Ausschreibungsverbot von Open-Source-Software durch öffentliche Stellen Teil eines Abkommens wäre?
Bundesrat Johann Schneider-Ammann:
Herr Nationalrat Glättli, diese Frage kann ich Ihnen nicht sofort beantworten. Ich prüfe sie, und Sie kriegen im Nachgang auf dem Schriftweg eine entsprechende Stellungnahme.
Dieser Text ist zuerst im Parldigi-Blog auf digitale-nachhaltigkeit.ch erschienen.