Vor einem Jahr hat das eidgenössische Parlament das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) beschlossen. Dagegen wurde erfolgreich das Referendum ergiffen: Am 25. September findet die Volksabstimmung statt.
Der Journalist Florian Imbach hat für investigativ.ch das Gesetz studiert und eine Liste der umfangreichen Befugnisse für den Schweizer Geheimdienst erstellt. Diese Zusammenstellung der wichtigsten Mittel, Kompetenzen und Rechte dürfen wir mit freundlicher Genehmigung des Autors übernehmen.
Das neue Nachrichtendienstgesetz sieht folgende Befugnisse für den Schweizer Geheimdienst vor:
- Nachrichtendienstmitarbeiter dürfen Waffen tragen (Art. 8.1).
- Der Dienst darf Informationen an ausländische Staaten weitergeben. Insbesondere darf er dies neu auch automatisch tun (automatischer Informationsaustausch), also nicht mehr nur in Einzelfällen oder auf Anfrage hin (Art. 12.1).
- Der Nachrichtendienst darf Mitarbeiter in Botschaften im Ausland platzieren (Art. 12.2).
- Der Dienst darf «öffentlich und allgemein zugänglich Orte» mit Video, Fotokamera, Drohnen und Satelliten überwachen (Art. 14).
- Er darf Informanten anheuern und mit Geld bezahlen, das diese nicht versteuern müssen (gilt nicht als «steuerbares Einkommen») (Art. 15.2).
- Der Dienst darf Informanten, NDB-Mitarbeiter und Mitarbeiter «kantonaler Vollzugsbehörden» mit falschen Identitäten («Legenden» und «Tarnidentitäten») ausstatten (Art. 15.4, Art. 17.1-4, Art. 18).
- Er darf Personen im ganzen Schengenraum zur Anhaltung ausschreiben (Art. 16).
- Für den Nachrichtendienst tätige Personen haben das Recht, ihre Tätigkeit für den NDB geheim zu halten (Art 17.5).
- Der Dienst kann Behörden und «Organisationen mit öffentlichen Aufgaben» zur Auskunft zwingen (Spitäler, Schulen, Post, SBB etc., Liste wird in Verordnung definiert) aber auch z.B. die Finma oder private Transportunternehmen, Autovermietungen, Sicherheitsfirmen (Anmerkung: oder private BetreiberInnen von z.B. Überwachungskameras) – Plus: Maulkorb («verpflichtet über das Ersuchen und die allfällige Auskunft Stillschweigen zu bewahren») über Anfragen und Auskunftserteilung (Art. 19, Art. 20, Art. 25).
- Der Nachrichtendienst darf Personen befragen, anhalten lassen und Ausweise verlangen (Art. 23, Art. 24).
- Der Dienst darf den Postverkehr von Personen überwachen (gemäss Überwachungsgesetz BÜPF, Art. 25.2, Art. 26.1).
- Er darf die Telefon- und Internetverbindung von Personen überwachen (gemäss BÜPF, Art. 25.2, Art. 26.1).
- Er darf den gesamten Internetverkehr («grenzüberschreitende Signale») mit bestimmten Suchbegriffen durchsuchen, so genannte «Kabelaufklärung» (Art. 39).
- Er darf rückwirkend das Telefon- und Internet-Verbindungsarchiv von Personen einsehen (gemäss BÜPF, Art. 26.1) .
- Der Nachrichtendienst darf Staatstrojaner einsetzen, um in Computer, Handys etc. einzudringen (Art 26.1).
- Er darf Personen orten via Handy (Art. 26.1).
- Er darf Privaträume verwanzen (Art 26.1).
- Der Nachrichtendienst darf Cyber-Spionage betreiben (Art. 26.1).
- Er darf auch Cyber-Angriffe abwehren und Angreifer oder Angriffsinfrastruktur stören (Anmerkung: selber Cyber-Angriffe durchführen) (Art. 26.1, Art. 37).
- Er darf Privaträume, Fahrzeuge, Koffer, etc. verdeckt durchsuchen und muss dies auch im Nachhinein nicht bekanntmachen (Art. 26.1, Art. 26.2).
- Der Dienst darf die Art. 26-Massnahmen auch gegenüber unverdächtigen Drittpersonen ausführen sofern sie nicht Personen mit Berufsgeheimnis sind, z.B. Ärzte, Journalisten, Pfarrer (Art. 28).
- Der Nachrichtendienst darf Private mit nachrichtendienstlichen Beschaffungsaufgaben beauftragen (Art. 34.2).
- Telekomanbieter müssen mit dem NDB zusammenarbeiten, Daten direkt liefern, Verschlüsselung entfernen – Plus: Maulkorb («Die Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und die Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen sind verpflichtet, die Aufträge geheim zu halten.») (Art. 43.3).
- Der Dienst darf Hinweise an inländische Strafverfolgungs-Behörden weiterleiten, «zur Verhinderung von schweren Straftaten oder zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung» oder «wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat enthalten» (Art. 60).
- Der NDB ist vom Öffentlichkeitsprinzip ausgenommen (Art. 67).
- Der Bundesrat darf Personen, Organisationen oder Gruppierungen ein Tätigkeitsverbot erteilen (Art. 73) und er darf Organisationen oder Gruppierungen verbieten. Wer dort Mitglied ist oder solche Organisationen oder Gruppierungen unterstützt, macht sich strafbar (Art. 74).