Ein Vorstoss im Nationalrat fordert Netzsperren im Internet, falls Anbieter von pornografischen Inhalten ihre Benutzer nicht authentifizieren. Mit dieser Massnahme soll Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zu solchen Angeboten verhindert werden. Diese sind jedoch – auch für diese – nicht illegal. Eine Authentifizierung ermöglicht es den Portalen, umfangreiche Persönlichkeitsprofile anzulegen.
Nationalrat Niklaus-Samuel Gugger hat im Parlament jüngst einen Vorstoss eingereicht, der vom Bundesrat eine gesetzlich Anpassung fordert, damit Jugendliche im Internet wirksam vor pornografischen Inhalten geschützt würden:
Der Bundesrat wird beauftragt, der Bundesversammlung die gesetzlichen Anpassungen vorzulegen, die Fernmeldedienstanbieter verpflichten, Zugangsperren über Anbieter zu verfügen, welche pornografische Inhalte im Sinne von Artikel 197 Absatz 1 StGB verbreiten, ohne hinreichende technische Vorkehrungen zum Schutz von Personen unter 16 Jahren zu treffen.
Damit müssten die Anbieter von pornografischen Inhalten die Benutzer ihrer Plattformen identifizieren und anhand des Alters entscheiden, ob ein Zugang zugelassen werden darf oder nicht. Eine Angabe des Alters durch die Benutzer wäre nicht mehr zulässig. Die entsprechenden Angebote sind jedoch – auch für Jugendliche – nicht verboten.
Die Massnahme würde das Anlegen umfangreicher Persönlichkeitsprofile begünstigen, die insbesondere die sexuellen Neigungen und das Nutzerverhalten offenbaren. Über einen solche Möglichkeit könnten sich die Plattformen freuen, die sich durch personalisierte Werbung finanzieren.
Falls die (ausländischen) Anbieter dieser Forderung nach Identifikation nicht nachkommen, müssten die Internetzugangsanbieter in der Schweiz die Zugriffe durch Netzsperren verhindern. Damit würde das Versprechen, dass Netzsperren eine absolute Ausnahme beim Geldspielgesetz bleiben würden, gebrochen. Zudem zeigt die weitere Verbreitung von DNS-over-HTTPS und DNS-over-TLS, dass die in der Schweiz bis jetzt vorgesehenen Netzsperren nach und nach ins Leere laufen.
Leider erhält der Vorstoss Unterstützung von Links bis Rechts. So zählen gewichtige Stimmen, wie Balthasar Glättli (Grüne) und Albert Rösti (SVP) zu den Mitunterzeichnenden. Eine Altersprüfung ist jedoch nicht wie behauptet so einfach möglich. Eine Kreditkarte gibt es erst ab 18 Jahren; Prepaid-Karten bereits ab 12. Eine Erklärung, ob und inwiefern der Zugang zu Pornografie im Internet für Jugendliche unter 16 Jahren ein tatsächliches Problem darstellt, bleiben die Motionäri:innen im Vorstoss schuldig.
[Update 2.6.2020: Auf Anfrage erklärte Balthasar Glättli: Nik Gugger hatte mir gegenüber ausdrücklich erklärt, dass er keine Netzsperren wolle, sondern eine Altersüberprüfung durch die Anbieter der Pornowebsites selbst. Dieses Anliegen unterstütze ich weiterhin – der am Schluss eingereichten Formulierung muss ich aber meine Unterstützung entziehen, denn sie läuft tatsächlich auf Netzsperren hinaus.]