Behörden sollen künftig auf Handy- und Computerdaten von Asylsuchenden zugreifen können. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt. Die Digitale Gesellschaft lehnt die Vorlage ab, denn sie ist rechtsstaatlich und aus Sicht des Datenschutzes höchst bedenklich.
2017 hat Nationalrat Gregor Rutz (SVP) eine parlamentarische Initiative eingereicht, die eine «Mitwirkungspflicht im Asylverfahren» fordert, indem von Asylsuchenden die Mobiltelefone, Computer und Datenträger durchsucht werden können, um deren Identität festzustellen. Nachdem der Vorstoss von National- und Ständeratskommission gutgeheissen worden war, hat die SPK-N eine Vorlage ausgearbeitet.
Die Digitale Gesellschaft lehnt die Vorlage der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK-N) zur Änderung des Asylgesetzes und des Ausländer- und Integrationsgesetzes zur Ergänzung der Mitwirkungspflicht und Überprüfungsmöglichkeit von elektronischen Datenträgern in einer Stellungnahme ab. Sie stellt einen schweren Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre dar. Aus Sicht der Digitalen Gesellschaft sind die Voraussetzungen für einen solchen Grundrechtseingriff nicht erfüllt (Art. 36 BV: gesetzliche Grundlage, Verhältnismässigkeit, Schutz des Kerngehalts).
Die SPK-N begründet die Einführung einer entsprechenden Rechtsgrundlage in der Schweiz unter anderem damit, dass andere europäische Länder ebenfalls entsprechende Regelungen kennen. Im erläuternden Bericht stellt sie die Praxis in den betreffenden Ländern jedoch nur sehr knapp und einseitig dar. In keiner Weise werden die kontroversen Diskussionen, die problematischen Aspekte und der äusserst beschränkte Nutzen erwähnt. Tatsächlich zeigen aber die nicht erwähnten Erfahrungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern, die in den letzten Jahren ähnliche Regelungen eingeführt haben, wie komplex die Thematik ist. Sie machen deutlich, welche zahlreichen, noch ungeklärten Fragen und Probleme sich stellen bei fundamentalen Grundsätzen wie Rechtsstaatlichkeit, Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre, Verhältnismässigkeit und Datenschutz. Die Erfahrungen insbesondere aus Deutschland dokumentieren, dass solche Massnahmen sehr hohe Kosten generieren, jedoch nur ein kleiner Teil der Auswertungen zu einem nennenswerten Nutzen führt. Von einer «effizienten Methode», von der die SPK-N in ihrem erläuternden Bericht spricht, kann somit keine Rede sein. Die Erfahrungswerte des Auslandes rechtfertigen aus Sicht der Digitalen Gesellschaft auch nicht die optimistische Haltung der SPK-N. Vielmehr müssen sie als Warnung angesehen werden, mit welchen Risiken die Einführung solch weitgehender Massnahmen verbunden ist.
Aus Sicht der Digitalen Gesellschaft darf keine entsprechende Rechtsgrundlage eingeführt werden, weil sie nicht mit den rechtsstaatlichen und grundrechtlichen Garantien vereinbar ist. Eine hinreichende Risiko- und Folgenabschätzung wurde augenscheinlich nicht vorgenommen. Für den geplanten schweren Grundrechtseingriff wären indes detaillierte, vertiefte Abklärungen und Erläuterungen zwingend, um überzeugend darlegen zu können, wie den verschiedenen Problemen und Fragen hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit, Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre, Verhältnismässigkeit und Datenschutz tatsächlich Rechnung getragen werden muss. Solche Ausführungen fehlen jedoch in der Vernehmlassungsvorlage.