Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (Dienst ÜPF)

Verweigerte Einsicht in Anordnungsformulare für Überwachungsmassnahmen

Ausschnitt Formular 3.4 aus dem Jahr 2015

Die zuständige Überwachungs­behörde in der Schweiz verweigert die Einsicht in amtliche Dokumente und verschliesst sich der Transparenz – entgegen der Empfehlung des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB). Dies ist leider kein Einzelfall. Wir haben deshalb Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt.

In der Schweiz ist der Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (Dienst ÜPF) für die Umsetzung des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) zuständig. Gerne stellt sich die Behörde dabei – etwa auf der eigenen Website – als «unabhängige» Hüterin der «rechtskonformen und rechtsstaatlichen Umsetzung zum Schutze der Privatsphäre der Bevölkerung» dar. Leider hält dieses Versprechen der Praxis oft nicht Stand.

Im April haben wir beim Dienst ÜPF ein Gesuch nach dem Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ) gestellt, in dem wir Einsicht in die Formulare gebeten haben, die von den Strafverfolgungsbehörden und den Geheimdiensten für die Anordnungen von Überwachungsmassnahmen verwendet werden. Es geht dabei wohlgemerkt nicht um ausgefüllte Formulare, sondern um die Vorlagen, wie sie vom Dienst ÜPF den entsprechenden Stellen zur Verfügung gestellt werden.

Nachdem sich die Überwachungsbehörde geweigert und nur angeboten hatte, bei einem «Besuch bei uns», «vielleicht ein oder zwei Formulare [zu] sichten» gab uns der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) in der Schlichtungsverhandlung Recht und forderte vom Dienst ÜPF in seiner Empfehlung vom 23. Juli 2020 (PDF), den «vollständigen Zugang zu den neun Formularen […] zu gewähren». Der Dienst ÜPF liess sich davon aber nicht beirren und verweigerte die Einsicht in seiner Verfügung vom 11. August 2020. Dagegen haben wir beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingelegt.

Kein Einzelfall

Leider hat diese Verweigerungshaltung System. Bereits im letzten Jahr sind wir mit einem Gesuch nach dem Öffentlichkeitsgesetz an den Dienst ÜPF gelangt. Dabei ging es um Einsicht in die Listen von Verfügungen, in denen die Behörde nach eigener Massgabe und einer rechtswidrigen Uminterpretation des Begriffs der Fernmeldedienste diese unter erweitere Überwachungs- und insbesondere Identifikationspflichten stellt. Auch dieser Zugang wurde verweigert. Und auch in diesem Fall gab uns der EDÖB Recht (PDF). Da Gerichtsverfahren teuer und aufwändig sind, haben wir auf eine Beschwerde verzichtet und erschliessen uns die Informationen über Datenauskunftsgesuche bei den Providern.

Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung

Bereits 2014 sind wir mit einem Gesuch zur Unterlassung der Vorratsdatenspeicherung an den Dienst ÜPF gelangt. Das Verfahren ist aktuell am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hängig. Dass sich hierbei der Dienst für die Vorratsdatenspeicherung und die Massenüberwachung in der Schweiz einsetzt, ist nachvollziehbar – macht ihn aber nicht zum Verteidiger der Privatsphäre der Einwohner:innen in der Schweiz.

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