Das «Update» ist der monatliche Newsletter der Digitalen Gesellschaft.
Die Themen der Juniausgabe sind:
- Über 10’000 Menschen gegen automatische Gesichtserkennung
- Regulierung von «Künstlicher Intelligenz» – Vortrag und Plenum am Swiss Internet Governance Forum
- Formulare zeigen, welche Überwachungsmassnahmen Polizei und Geheimdienst anordnen
- Bundesrat will die Überwachung mit der Einführung der 5G-Technologie stark ausbauen
- Appell der Digitalen Gesellschaft gegen die CSA-Verordnung
- Netzpodcast zu E-Voting, Einblicken in den Überwachungsstaat und zum Geheimdienst, der über die Stränge schlägt
- Netzpolitischer Abend zum Thema datenschutzfreundliches digitales Bezahlen
- Netzpolitik-Treff
Über 10’000 Menschen gegen automatische Gesichtserkennung
Eine weitere Etappe im Kampf gegen die biometrische Massenüberwachung ist geschafft: Zusammen mit Amnesty International Schweiz und AlgorithmWatch Schweiz haben wir eine von über 10’000 Menschen unterzeichnete Petition gegen die automatische Gesichtserkennung an die Exekutiven der zwanzig grössten Schweizer Städte sowie die Kantonshauptorte übergeben. Kern der Forderung: Automatische Gesichtserkennung im öffentlich zugänglichen Raum der Schweizer Städte gänzlich zu verbieten. In Zürich und Lausanne haben Kommunalpolitiker:innen bereits vergangenen November entsprechende Vorstösse eingereicht. Ein solches Verbot ist allerdings nur ein erster Schritt hin zu einer umfassenderen Regulierung. Wir kämpfen auf jeden Fall weiter. Nächstes Etappenziel: Die Debatte in die Kantone tragen.
Regulierung von «Künstlicher Intelligenz» – Vortrag und Plenum am Swiss Internet Governance Forum
Das Swiss Internet Governance Forum (IGF) ist der nationale Ableger des UN Internet Governance Forum, des weltweiten Prozesses, in dem sich alle Anspruchsgruppen über die Festlegung der Spielregeln im Internet („Internet Governance“) verständigen. David Sommer, Experte für maschinelles Lernen und Mitglied unserer Fachgruppe für Automated Decision-Making (ADM), hat an der diesjährigen Ausgabe des Swiss IGF teilgenommen und wertvolle Inputs bezüglich möglicher proaktiver Massnahmen zur Regulierung von «Künstlicher Intelligenz» geliefert. So argumentiert er etwa, die öffentliche Hand solle doch in Erwägung ziehen, aktiv an der Entwicklung der dominierenden quelloffenen Machine-Learning-Frameworks mitzuwirken, statt passiv abzuwarten und darauf zu hoffen, dass ihre Forderungen nach gemeinwohlorientierter KI von den Big-Tech-Firmen, welche gegenwärtig den Löwenanteil der Entwicklung stemmen, schon irgendwie mitberücksichtigt würden. Das gesamte Plenum zum Thema «Regulierung von Künstlicher Intelligenz – Was macht die Schweiz?» kann online nachgeschaut werden.
Formulare zeigen, welche Überwachungsmassnahmen Polizei und Geheimdienst anordnen
Im vorletzten Newsletter hatten wir über den juristischen Erfolg berichtet, den wir vor dem Bundesverwaltungsgericht bezüglich der Einsicht in die leeren (!) Formulare des Dienstes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Dienst ÜPF) erstritten. Mittlerweile sind die insgesamt zehn Formulare eingetroffen, welche wir der Öffentlichkeit natürlich nicht vorenthalten möchten und deshalb auf unserer Webseite veröffentlichen. Oliver Wietlisbach von watson hat über das ganze Unterfangen berichtet.
Bundesrat will die Überwachung mit der Einführung der 5G-Technologie stark ausbauen
Unter dem Vorwand, «die Fernmeldeüberwachung der technologischen Entwicklung anzupassen», beabsichtigt der Bundesrat, die Überwachungsmöglichkeiten des Mobilfunks stark auszuweiten. Unter anderem soll die viel exaktere Positionsbestimmung, welche 5G ermöglicht, auch den Überwachern zu Gute kommen, was aller Voraussicht nach in weitaus präziseren Bewegungsprofilen resultieren dürfte. Wir haben in einer ausführlichen Vernehmlassungsantwort gegen diese Ausweitung der Überwachungsbefugnisse Stellung bezogen.
Appell der Digitalen Gesellschaft gegen die CSA-Verordnung
Bekannt unter dem wenig schmeichelhaften Namen «Chatkontrolle» zwingt ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission Onlinedienste, Inhalte ihrer Nutzer:innen nach Kinderpornografie und anderen Formen von Pädokriminalität zu durchleuchten. Da sowas nicht vereinbar ist mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, wäre die wahrscheinliche Folge eine breite Einführung von sogenanntem «Client-Side-Scanning», ganz ähnlich dem System, welches Apple vergangenes Jahr für ihre iCloud-Nutzer:innen einzuführen gedachte (nach heftigem öffentlichen Protest aber vorerst auf Eis setzte). Das Grundprinzip in beiden Fällen: Das eigene Gerät scannt verdachtsunabhängig die zu versendende Kommunikation vor der Verschlüsselung mittels Machine-Learning-Technologie nach einschlägigen Mustern und benachrichtigt bei einem Treffer die Behörden. Ein in seiner Tragweite kaum zu unterschätzendes Instrument der Massenüberwachung, welches fehleranfällig ist (Stichwort «Adversarial Examples»), vertrauliche Kommunikation untergräbt und leicht auf weitere Anwendungsgebiete ausgeweitet werden kann.
Aus tiefer Besorgnis über dieses dystopische Vorhaben haben wir zusammen mit 72 anderen europäischen Organisationen einen offenen Brief unterzeichnet, welcher die EU-Kommission auffordert, den Regulierungsvorschlag zurückzuziehen und durch einen Ansatz zu ersetzen, der die Grundrechte wahrt.
Netzpodcast zu E-Voting, Einblicken in den Überwachungsstaat und zum Geheimdienst, der über die Stränge schlägt
In der jüngst veröffentlichten, neunten Folge vom Netzpodcast sprechen Jörg Mäder, Rahel Estermann und Erik Schönenberger über E-Voting, Einblicke in den Überwachungsstaat sowie den Geheimdienst, der über die Stränge schlägt. Die Episode ist auf allen üblichen Plattformen und auf netzpodcast.ch erhältlich.
Der Podcast ist ein neues Angebot der Digitalen Gesellschaft, das alle drei Wochen über die aktuellen netzpolitischen Themen mit Bezug zur Schweiz informiert und sie einordnet. Das Themenspektrum umfasst Datenschutz und Überwachung, freier Zugang zu Informationen, politische Teilhabe, Datensicherheit und Digitale Demokratie.
Netzpolitischer Abend zum Thema datenschutzfreundliches digitales Bezahlen
Am Dienstag, 21. Juni 2022 treffen wir uns zum monatlichen Netzpolitischen Abend im Karl der Grosse in Zürich. Das Thema ist GNU Taler, einem quelloffenen und datenschutzfreundlichen Bezahlsystem. Zu Gast ist Christian Grothoff. Er ist Professor für Computernetzwerksicherheit an der Berner Fachhochschule und Mitgründer von GNU Taler.
Um 19.00 Uhr öffnet die Bar. Ab 19.30 Uhr startet das Programm mit einer Einführung, gefolgt von einer moderierten Diskussion. Im Anschluss steht der Austausch mit dem Publikum (mit einem Bier oder Mate) im Zentrum. Die Einführung und die moderierte Diskussion werden auch live übertragen. Gerne freuen wir uns auf neue wie auch bekannte Gesichter – und einen spannenden Austausch.
Netzpolitik-Treff
Zudem laden wir jeden Donnerstagabend ab 18.00 Uhr zum «Netzpolitik-Treff» in unserem Hackerspace in Zürich, der Bitwäscherei. Dies soll die Zusammenarbeit in den Fachgruppen erleichtern, Anlass zu interessanten Gesprächen geben und/oder einfach nur Gelegenheit bieten, für ein kühles Getränk in gemütlicher Runde.
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(Bild: «Newsletter» – CC0 1.0)