Vor einem Monat hat der Bundesrat seinen Vorschlag für ein Leistungsschutzrecht präsentiert. Im Rahmen der Erarbeitung wurde auch eine Regulierungsfolgeabschätzung erstellt. Diese kommt unter anderem zum Schluss, dass Snippets keine Relevanz in Bezug der schwindenden Werbeeinnahmen der Medienverlage haben. Dennoch hält der Bundesrat unbeirrt an seiner Idee fest. Nun stellt eine Interpellation unangenehme Fragen.
Nationalrat Christian Wasserfallen (FDP) hat gestern im Parlament eine Interpellation unter dem Titel «Regulierungsfolgeabschätzung entzieht dem Leistungsschutzrecht die Grundlage» eingereicht. Darin stellt er fest:
Der Bundesrat hat am 24. Mai 2023 die Vernehmlassung zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (URG) eröffnet. Im Zusammenhang mit der Einführung des Leistungsschutzrechts wurde eine Regulierungsfolgeabschätzung (RFA) durchgeführt, die in der Synthese Folgendes festhält:
- Die Marktanalyse hat, insbesondere im spezifischen Kontext von Snippets, kein Marktversagen ergeben, das staatliches Handeln erfordert.
- Snippets generieren Traffic auf den Seiten der Medienunternehmen im Wert von geschätzten 12 bis 106 Millionen Schweizer Franken pro Jahr. Es sei somit bereits heute der Fall, dass Medienunternehmen eine geldwerte Vergütung für die Nutzung von Verlinkungen durch Online-Plattformen erhalten. Einen Schaden erleiden sie durch Snippets höchstwahrscheinlich nicht.
- Wünschen Medienunternehmen keine Verlinkungen durch Online-Plattformen, ist es ihnen technisch jederzeit möglich, diese zu unterbinden.
- Die Studie betont, dass eine allfällige Unterversorgung der Medienunternehmen kaum durch Snippets verursacht wird.
Das Fazit ist:
Im Ergebnis kommt die RFA zum Schluss, dass eine Regulierung über Snippets im Kontext des Urheberrechtes «nicht der systematisch direkte Anknüpfungspunkt» sei, und empfiehlt, die Entwicklungen in der EU abzuwarten. Entgegen dieser klaren Analyse hat sich der Bundesrat für eine Regulierung von Snippets entschieden.
Christian Wasserfallen bittet den Bundesrat entsprechend um die Beantwortung der folgenden Fragen:
- Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass im Kontext von Snippets kein Marktversagen vorliegt? Wenn nein, auf welcher Basis kommt er zu einem anderen Schluss als die RFA?
- Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass Medienunternehmen «höchstwahrscheinlich keinen Schaden durch Snippets erleiden»? Wenn nein, auf welcher Basis kommt er zu einem anderen Schluss als die RFA?
- Hat der Bundesrat zur Kenntnis genommen, dass es Medienunternehmen technisch jederzeit möglich ist, Verlinkungen durch Online-Plattformen zu verhindern? Weshalb will der Bundesrat eine staatliche Regulierung, wenn Private die Sache selbst lösen können?
- Warum hält der Bundesrat trotz der eindeutigen Synthese der RFA an der Vorlage fest?
- Weshalb gibt der Bundesrat überhaupt eine RFA in Auftrag, wenn die Ergebnisse nicht berücksichtigt werden?
Die Interpellation wurde von 16 Mitgliedern des Nationalrats quer durch alle Fraktionen mitunterzeichnet.