Die Digitale Gesellschaft hat eine Stellungnahme zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes eingereicht. Wir kritisieren die Erweiterung der Zugriffsberechtigungen auf zwei Datenbanken mit grosser Relevanz im Asyl- und Ausländerbereich sowie die Ausweitung der Auskunftspflicht der Ärzteschaft auf Landesverweisungen und lehnen diese unsere Kernanliegen betreffenden Punkte der Vorlage ab.
Neu sollen die kantonalen Justizvollzugsbehörden Zugriff auf besonders schützenswerte Daten im Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) erhalten. Zudem sollen Mitarbeitende des SEM, des Bundesverwaltungsgerichts und der schweizerischen Auslandsvertretungen und Missionen Zugang zu bestimmten Personendaten aus dem Informationssystem für die Rückkehr (eRetour) bekommen. Beim «Online-Zugriff» handelt es sich um ein automatisiertes Abrufverfahren, bei welchem die datenempfangende Person Daten beschaffen kann, ohne dass das datenbesitzende Bundesorgan mitwirken muss bzw. den Datenbezug überhaupt bemerkt. Dabei ist unklar, ob sich ein derartiger Zugriff nur auf jene Daten beschränkt, die für die Aufgabenerfüllung notwendig sind bzw. wie ein darüber hinaus gehender Zugriff ausgeschlossen werden kann.
Nach der aktuellen Rechtslage erhalten die Mitarbeitenden der erwähnten Behörden bereits heute im Rahmen der Amtshilfe die für sie nötigen Informationen aus dem ZEMIS bzw. eRetour. Bei der geplanten Zugriffserweiterung des Bundesverwaltungsgerichts als Judikative auf eRetour stellt sich – neben datenschutzrechtlichen Überlegungen – überdies die Frage, inwiefern ein Zugriff des Gerichts auf Daten der Verwaltung mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung zu vereinbaren ist. Zudem ist auch der geplante Datenzugriff von Auslandsvertretungen und Missionen auf eRetour als heikel zu werten.
Eine weitere Neuerung, die bei uns ein Unbehagen hervorruft, ist die Ausweitung der Auskunftspflicht der Ärzteschaft auf Landesverweisungen. Unabhängig davon, dass die Auskunftspflicht für die Ärzteschaft nach geltendem Recht bereits heute beim Vollzug von Weg- und Ausweisungen gilt, ist eine Aushebelung des ärztlichen Berufsgeheimnisses insbesondere hinsichtlich der informationellen Selbstbestimmung (Art. 13 Abs. 2 BV) der Patientinnen und Patienten in jedem Fall problematisch. Auch der Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) lehnt diese Ausweitung in seiner Stellungnahme (PDF) ab. Wir befürworten die Position des FMH. Betonen möchten wir darüber hinaus den ursprünglichen Zweck der medizinischen Daten. Diese wurden erhoben, um der Gesundheit der Patientinnen und Patienten zu dienen und nicht, um mithilfe von ihnen darüber zu entscheiden, ob bzw. unter welchen Vorkehrungen eine Person des Landes verwiesen werden kann.
Diese undifferenzierten gesetzlichen Regelungen, welche die Erweiterung der Zugriffsberechtigungen und die Ausweitung der Auskunftspflicht statuieren, greifen zu kurz, um dem Anspruch auf informationelle Selbstbestimmung gerecht zu werden. Eine derartige Änderung zulasten der Grundrechte und des Datenschutzes lehnt die Digitale Gesellschaft ab.
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