Die Digitale Gesellschaft hat eine Stellungnahme zu den zwei Teilrevisionen des Polizeigesetzes im Kanton Graubünden eingereicht. Als kritisch erachten wir insbesondere die Bestimmungen betreffend den Einsatz von technischen Überwachungsgeräten sowie die (automatisierte) Verkehrsüberwachung und Fahrzeugfahndung. Hinzu kommt der Ausbau der Kooperation und Interoperabilität zwischen den Polizeibehörden, der nicht zulasten der Grundrechte erfolgen darf. Diese – unsere Kernanliegen betreffenden Punkte der Vorlage – müssen korrigiert werden.
Gemäss dem erläuternden Bericht soll mit den zwei Teilrevisionen das Polizeigesetz des Kantons Graubünden angepasst werden, um den neuen Konflikt- und Problemlagen und dem gestiegenen Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Mit dem ersten Teil der Vorlage sollen die Rechtsgrundlagen für das kantonale Bedrohungsmanagement (KBM GR) und polizeiliche Massnahmen bei Stalking geschaffen werden. Wir haben an diesem Teil, abgesehen von einer Verständnisfrage, nicht auszusetzen.
Der zweite Teil der Vorlage beschäftigt sich mit dem Datenaustausch in der polizeilichen Zusammenarbeit, der automatisierten Verkehrsüberwachung und Fahrzeugfahndung und verdeckten Überwachungsmassnahmen sowie Empfehlungen der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter. Nicht Teil der Vorlage ist ein Verbot der biometrischen Überwachung durch die Polizei. Dies bedauern wir ausdrücklich und fordern, dass ein solches Verbot geschaffen wird. Denn biometrische Erkennungssysteme im öffentlichen Raum sind schwere, nicht verhältnismässige Eingriffe in die Grund- und Menschenrechte und daher zu verbieten.
Die Digitale Gesellschaft erachtet die Bestimmungen betreffend Datenaustausch in der polizeilichen Zusammenarbeit mehrfach als zu unbestimmt und unverhältnismässig. Gleiches gilt für die Bestimmungen über die verdeckten Überwachungsmassnahmen, bei denen überdies sichergestellt werden muss, dass das Beschwerderecht gemäss Art. 13 EMRK in jedem Fall wahrgenommen werden kann.
Neu sollen neben Fahrzeugen und deren Kontrollschildern auch die Insassinnen und Insassen automatisiert erfasst werden. Dazu kommt der automatisierte Abgleich der erhobenen Daten mit Datenbanken, die Analyse sowie die Erstellung von Bewegungsprofilen. Dies verletzt den Anspruch auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV), das Recht auf Privatsphäre, auf Schutz vor Missbrauch der persönlichen Daten und informationelle Selbstbestimmung (Art. 13 BV; Art. 8 EMRK; Art. 17 UNO-Pakt II sowie das Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten vom 28. Januar 1981), den Anspruch auf ein faires Verfahren und die Unschuldsvermutung (Art. 6 EMRK, Art. 32 BV) und das Recht auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK). Diese Normen verleihen jeder Person das Recht, frei von staatlicher Überwachung zu bleiben, vor jedem staatlichen Erheben, Sammeln, Verarbeiten, Aufbewahren und Weitergeben von Angaben, die einen Bezug zur Privatsphäre einer Person habe, frei zu sein und sich frei hiervon bewegen zu können. Aus diesen und weiteren Gründen (siehe Vernehmlassungsantwort) lehnt die Digitale Gesellschaft die automatisierte Verkehrsüberwachung und Fahrzeugfahndung grundsätzlich ab. Sollte daran festgehalten werden, muss auf alles, was über eine temporäre (nicht stationäre) Überwachung und den unmittelbaren Abgleich vor Ort hinausgeht, verzichtet werden, und Nicht-Treffer sind sofort zu löschen.
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