Das Bundesgericht hat heute die automatische Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung (AVF) sowie die Regelungen zur Teilnahme am interkantonalen Datenaustausch und zum Betrieb einer gemeinsamen Abfrageplattform (POLAP) im Luzerner Polizeigesetz kassiert. Das Urteil wurde bereits Mitte Oktober gefällt und heute veröffentlicht. Es ist ein wichtiger Entscheid für Luzern und darüber hinaus, da auch in anderen Kantonen ähnliche Befugnisse geschaffen werden sollen.
Das Bundesgericht hat heute sein Urteil vom 17. Oktober 2024 (1C_63/2023; Medienmitteilung) zum Luzerner Polizeigesetz (PolG/LU) veröffentlicht. Das Gericht hebt damit die Regelung zur automatischen Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung (AVF) sowie zum polizeilichen lnformationssystem-Verbund des Bundes und der Kantone auf:
Bei der AFV werden vorbeifahrende Fahrzeuge samt Kennzeichen und lnsassen optisch erfasst, wobei fast zeitgleich ein automatisierter Abgleich mit polizeilichen Fahndungsregistern und -aufträgen erfolgt. Nach der Luzerner Regelung sollten alle Daten 100 Tage aufbewahrt und zur Verfolgung schwerer Straftaten und zur Fahndung nach vermissten oder entwichenen Personen verwendet werden können. Der Schwerpunkt des Einsatzes der AFV liegt bei der Strafverfolgung, wie auch der Kanton betont. ln diesem Bereich kommt den Kantonen jedoch keine Gesetzgebungskompetenz zu. Überwachungsmassnahmen zum Zweck der Strafverfolgung bedürfen vielmehr einer Grundlage in der eidgenössischen Strafprozessordnung. Mit Blick auf den verbleibenden Anwendungsbereich der Regelung stellt die sehr weitreichende Datenerfassung, -auswertung und -aufbewahrung einen unverhältnismässigen Grundrechtseingriff dar.
Und weiter:
Zur Schaffung eines polizeilichen lnformationssystem-Verbundes des Bundes und der Kantone ist eine polizeiliche Abfrageplattform «POLAP» projektiert. Es soll ein zentrales Zugangsportal geschaffen werden, um mit einer einzigen Eingabe die lnformationssysteme des Bundes, der EU und der Kantone abfragen zu können. Der Kanton Luzern und andere Kantone haben eigene gesetzliche Grundlagen geschaffen, um sich an POLAP beteiligen zu können, sobald die Plattform in Betrieb genommen wird. Mit dem Abrufverfahren werden die Daten unmittelbar zugänglich gemacht. Eines vorgängigen Amtshilfeersuchens bedarf es nicht, was die Kontrolle und den Rechtsschutz erschwert. Die gesetzliche Regelung begrenzt weder die Datenkategorien noch die Bearbeitungszwecke oder den Kreis der Zugriffsberechtigten. Für einen derart weitgehenden Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung bildet die fragliche Regelung keine ausreichend bestimmte Gesetzesgrundlage respektive verstösst sie gegen das Prinzip der Verhältnismässigkeit.
Mehrere Privatpersonen, darunter auch Rahel Estermann (Vorstandsmitglied der Digitalen Gesellschaft), führten die Beschwerde gegen das PolG/LU und gelangten im Februar 2023 an das Bundesgericht. Mit dem nun vorliegenden Urteil wurden wichtige Entscheide gefällt, da auch in anderen Kantonen, wie dem Kanton Zürich oder dem Kanton Graubünden, ähnliche Befugnisse geschaffen werden sollen. Auch die interkantonale Vereinbarung über den Datenaustausch zum Betrieb gemeinsamer Abfrageplattformen und Datenbanksysteme (POLAP) haben wir bereits kritisiert.