Mit der Vorratsdatenspeicherung werden alle Menschen in der Schweiz ohne Anlass und Verdacht überwacht. Die Digitale Gesellschaft kämpft gegen diese Massenüberwachung, unter anderem mit einer Beschwerde am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Im Verfahren, das seit 2018 am EGMR hängig ist, ist in Kürze mit dem Urteil zu rechnen. Die Vorratsdatenspeicherung verletzt die Grundrechte aller Menschen in der Schweiz. Als grundrechtskonforme und verhältnismässige Alternative zur Vorratsdatenspeicherung schlägt die Digitale Gesellschaft den «Quick Freeze» vor.
Die Digitale Gesellschaft kämpft gegen jede Form der Massenüberwachung in der Schweiz. Dazu gehört die Vorratsdatenspeicherung, mit der die Daten über die Internet- und Smartphone-Nutzung aller Menschen auf Vorrat gespeichert werden. Alle Menschen in der Schweiz werden pauschal verdächtigt, kriminell zu sein. Polizei und Staatsanwaltschaften wissen, wer in den letzten sechs Monaten wo und wie mit wem kommuniziert hat. Auch der Nachrichtendienst des Bundes und andere Geheimdienste haben Zugriff auf diese Datensammlung.
Gleichzeitig anerkennt die Digitale Gesellschaft die Notwendigkeit, bei der Strafverfolgung auch digitale Daten verwenden zu können. Mit dem «Quick Freeze» steht eine wirksame Alternative zur Vorratsdatenspeicherung zur Verfügung, die grundrechtskonform und verhältnismässig umgesetzt werden kann.
Was ist «Quick Freeze»?
Beim «Quick Freeze», wortwörtlich «Schockgefrieren», dürfen Strafverfolgungsbehörden auf Daten zugreifen, die aus berechtigten Gründen über tatverdächtige Personen bereits bei Unternehmen vorhanden sind. Bei einem Internet-Provider kann es sich beispielsweise um Daten für die Gewährleistung der Datensicherheit oder für die Rechnungsstellung handeln. Bei einem Online-Dienst kann es sich beispielsweise um Standort-Daten handeln, welche Nutzer:innen freiwillig und informiert geliefert haben, um gewünschte Funktionen nutzen zu können.
Unternehmen müssen bei der Bearbeitung solcher Daten das geltende Datenschutzrecht einhalten. Dazu gehört, dass die Bearbeitung der Daten erforderlich und anderweitig verhältnismässig sein muss. Daten, die für den jeweiligen Zweck nicht mehr erforderlich sind, müssen gelöscht oder anonymisiert werden.
Mit dem «Quick Freeze» können Strafverfolgungsbehörden bei ausgewählten schweren Straftaten im Einzelfall veranlassen, dass Daten über tatverdächtige Personen durch ein Unternehmen ausnahmsweise nicht gelöscht oder anonymisiert werden. Die Daten werden «schockgefroren», also sofort und vorsorglich gesichert, um in einem Strafverfahren verwendet zu werden. Der «Quick Freeze» ermöglicht eine wirksame Strafverfolgung bei gleichzeitigem Verzicht auf die menschenrechtswidrige Vorratsdatenspeicherung.
Welche Voraussetzungen müssen gelten?
Der «Quick Freeze» darf aber kein Freipass für die Strafverfolgungsbehörden werden. Die Digitale Gesellschaft fordert deshalb, dass der Eingriff in die Grund- und Menschenrechte der einzelnen betroffenen Personen nur mit einem richterlichen Beschluss unter Wahrung der Justizöffentlichkeit möglich ist. Polizei und Staatsanwaltschaften dürfen die vorsorglich gesicherten Daten nur verwenden, wenn ein Gericht in einem rechtsstaatlichen Verfahren die Verwendung ausdrücklich erlaubt hat. Der «Quick Freeze» darf dabei nur von Strafverfolgungsbehörden eingesetzt werden, nicht aber von Geheimdiensten.
Der «Quick Freeze» als Zwangsmassnahme muss statistisch erfasst und einer fortlaufenden Kontrolle der Verhältnismässigkeit unterzogen werden. Ein richterlicher Beschluss zur Verwendung von Daten aus einem «Quick Freeze» muss der Justizöffentlichkeit unterliegen, sobald keine Geheimhaltung mehr erforderlich ist. Alle betroffenen Personen, beschuldigt oder nicht, müssen so bald wie möglich informiert werden, um ihre Rechte wahren zu können. Solange eine Geheimhaltung erforderlich ist, müssen die Interessen der einzelnen betroffen Personen vor Gericht durch eine:n unabhängige:n Menschenrechtsanwält:in gewahrt werden. Eine öffentliche Prüfung der Beschlüsse ist erforderlich, um Missbrauch und unzureichende Kontrolle zu verhindern.
Die Digitale Gesellschaft konkretisiert ihren Vorschlag für den «Quick Freeze» in einem neuen Positionspapier. Die Digitale Gesellschaft leistet damit einen Beitrag, um nach dem absehbaren Ende der Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz den «Quick Freeze» demokratisch und rechtsstaatlich regeln zu können.
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