Ein acht Jahre alter, eigentlich schon immer fauler Kompromiss ist vor zwei Wochen zur Makulatur geworden: Die zuständige Ständeratskommission hat ein Leistungsschutzrecht im Urheberrecht beschlossen, das weitaus gravierender ist, als alles, was bisher auf dem Tisch lag. Es geht zudem viel weiter als das, was die EU-Kommission derzeit vorsieht. Wir werden uns mit aller Kraft gegen das selbstzerstörerische Vorhaben wehren.
Vor zwei Wochen liess die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) eine Bombe platzen. Anlässlich der Beratungen der Urheberrechtsrevision sah sie sich nicht mehr an den «Kompromiss» der AGUR12 gebunden und beschloss ein Leistungsschutzrecht für die Schweiz, das es in sich hat.
Konkret heisst es im neu vorgeschlagenen Art. 13b:
- Wer, als Betreiber eines sozialen Netzwerks, eines Informations- oder Unterhaltungsdienstes oder einer anderen Kommunikationsplattform im Internet, journalistische Sprachwerke oder Fotografien so zugänglich macht, dass Personen von Orten und Zeiten ihrer Wahl dazu Zugang haben, schuldet den Urhebern und den Urheberinnen hierfür eine Vergütung.
Und in Art. 37a:
- Medienverlage, welche journalistische Beiträge in periodischen Publikationen oder regelmässig aktualisierten Informationsdiensten zur Informationsvermittlung, Meinungsbildung oder Unterhaltung veröffentlichen, haben gegenüber kommerziellen Anbietern elektronischer Dienste das ausschliessliche Recht, ihr Medienprodukt ganz oder teilweise mit irgendwelchen Mitteln so zugänglich zu machen, dass Personen von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl dazu Zugang haben.
- Ausgenommen ist das Zugänglichmachen einzelner Wörter ohne eigenständige journalistische Bedeutung zusammen mit Links, die Nutzer zur Publikation oder zum Informationsdienst führen, der den Beitrag veröffentlicht.
Die Auswirkungen beschreibt Andreas Von Gunten in der Medienwoche wie folgt:
Diese beiden Änderungen zusammen sind weitaus gravierender in ihren absehbaren Folgen, als alles, was bisher auf dem Tisch lag. Sie gehen zudem viel weiter als das, was die EU-Kommission derzeit vorsieht. Wenn die Gesetzesrevision so in Kraft tritt, würde in der Schweiz das restriktivste und internetfeindlichste Urheberrecht der freien Welt gelten. Es wäre nicht mehr möglich, auf irgendeinen Artikel der Medienhäuser sinnvoll zu verlinken. Anbieter von Social-Media-Plattformen sähen sich gezwungen, sogenannte Upload Filter zu installieren, um sicherzustellen, dass keine widerrechtliche Textübernahme erfolgt. Im Gegensatz zum geplanten Leistungsschutzrecht in der EU sind bei diesen masslosen Vorschlägen keinerlei Ausnahmen vorgesehen. Es geht hier also längst nicht nur um Facebook oder Google, gegen die sich das Vorhaben vordergründig richtet; ausnahmslos alle Angebote im Netz wären betroffen. […]
Naiverweise meinen viele Medienschaffende und kleine Verlage, das Leistungsschutzrecht würde ihnen helfen. Das Gegenteil ist der Fall. Geld werden sie kaum je sehen. Denn die Umsetzung dieses Gesetzes wird dazu führen, dass die Internetkonzerne mit den grossen Verlage Sonderkonditionen aushandeln, während die Inhalte der Kleinen entweder kostenlos oder gar nicht mehr angezeigt werden. Wobei letzteres eher der Fall sein wird, weil es sich für die Suchmaschinen- und Social-Media-Plattformen nicht lohnt, mit den kleinen Anbietern Verträge über die Nutzung ihrer Inhalte auszuhandeln.
In Deutschland hat das Leistungsschutzrecht dazu geführt, dass Google (als einzige Firma) eine unentgeltliche Lizenz der VG Media erhalten hat. In Spanien ist die Nutzung von Nachrichtenseiten um 10 bis 15 Prozent eingebrochen, nachdem Google sein News-Angebot in dem Land eingestellt hat. Anstatt daraus zu lernen, will nicht nur die EU ein Leistungsschutzrecht einführen, auch die Schweiz torkelt blind hinterher.
Das Geschäft wird bereits am 12. März im Ständerat behandelt. Wir werden uns mit aller Kraft gegen das selbstzerstörerische Vorhaben wehren. So ist für den 12. März ein europaweite Demonstrationen gegen die geplanten Urheberrechtsänderungen geben.
geplant. Am 23. März wird es