Die Digitale Gesellschaft hat sich auch in diesem Jahr vielfältig für Freiheitsrechte in einer fortschreitend digitalisierten und vernetzten Welt eingesetzt. Dies ist nur möglich Dank viel freiwilligem Engagement, Spenden und Mitgliedschaften.
Kurzrückblick 2019
Eine mehrjährige, im Frühling abgeschlossene Kampagne, war ein grosser Erfolg: Im revidierten Fernmeldegesetz ist die Netzneutralität zukünftig für Provider in der Schweiz zwingend festgeschrieben. Die Regelung geht selbst über die Bestimmungen in der EU hinaus, da auch Zero-Rating (wirtschaftliche Diskriminierung) klar unzulässig sein wird.
Gleich im Anschluss wurden wir mit dem durch die zuständige Ständeratskommission beschlossenen Leistungsschutzrecht für Verlage überrascht. Dieses konnte in einer Blitzkampagne im Rahmen der Allianz für ein faires Urheberrecht erfolgreich bekämpft werden: Im Juni hat sich der Ständerat dann definitiv und klar gegen ein Leistungsschutzrecht ausgesprochen. Auch dies ist ein grossartiger Erfolg.
Seit 2011 kämpfen wir für einen besseren Schutz der Privatsphäre und gegen Massenüberwachung. So sind in der Schweiz alle Personen von der Kabelaufklärung betroffen. Wir gelangten daher im Rahmen einer strategischen Klage im Juli an das Bundesgericht, nachdem die Vorinstanz mit einem mutlosen Entscheid uns das Recht auf Beschwerde abgesprochen hat. Mit einem Urteil kann in den nächsten Monaten gerechnet werden. Leider müssen wir davon ausgehen, wie auch mit der Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung, bis an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg ziehen zu müssen.
Seit 2017 setzen wir uns für eine elektronische Identifikation ein. Diese E-ID soll aber nicht als allgemeines Login dienen, bei denen unnötigerweise zentral Daten gesammelt werden. Sie soll online Behördengänge ermöglichen und die digitale Demokratie stärken. Im weiteren soll die E-ID private Rechtsgeschäfte vereinfachen, bei denen eine Ausweispflicht besteht (wie ein Bankkonto eröffnen oder ein Handyabonnement abschliessen). Das Parlament hat im Herbst eine E-ID beschlossen, welche jedoch von privaten Unternehmen herausgegeben wird, und bei der den Datenschutzbedenken nur teilweise Rechnung getragen wurde. Gegen das Gesetz haben wir das Referendum ergriffen.
Parallel setzen wir uns mit Nachdruck – und ebenfalls bereits seit 2017 – für eine Stärkung des Datenschutzes für die Menschen in der Schweiz ein. Die Revision des Datenschutzgesetzes (DSG) wird zur Zeit im Ständerat debattiert. Wir fordern, dass die neue Regelung kompatibel zur europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und zur Europarats-Konvention 108 sein muss, damit die Schweiz weiterhin zum europäischen Datenraum zählt und die Daten-Freizügigkeit nicht gefährdet ist. Auch darf das Schutzniveau im Vergleich zum heutigen DSG nicht gesenkt werden. Leider droht dies beim Profiling.
Durch Profiling werden vollständig automatisiert personenbezogene Daten ausgewertet, um daraus Persönlichkeitsmerkmale, Lebensumstände und bestimmte Verhaltensweisen einer Person abzuleiten oder vorherzusagen. Beispielsweise will die Tracking-Allianz der Schweizer Verleger über ein Zwangs-Login das Geschäftsmodell von Google, Facebook & Co. kopieren. Wir wollen uns dem Thema übergreifend widmen und haben daher am Herbsttreffen eine Fachgruppe gegründet. Die ersten Resultate sind in das Dossier für die Ständerätinnen und Ständeräte zur Beratung des Datenschutzgesetzes eingeflossen.
Mit Kursen zur digitalen Selbstverteidigung und Publikationen gestalten und vermitteln wir komplexe Themen zugänglich. Dazu gehören auch die Veranstaltungsreihe KarlDigital, die wir gemeinsam mit dem Zentrum Karl der Grosse organisieren und unser jährlicher Winterkongress. 2019 fand zudem nach 10 Jahren Pause zum ersten mal wieder in der Schweiz eine Verleihung der Big Brother Awards statt.
Wir betreiben aber auch Infrastruktur: Die Digitale Gesellschaft gehört weltweit zu den grössten Betreibern von Tor-Exit-Nodes. Zusätzlich bieten wir der Öffentlichkeit seit Anfang 2019 neu auch DNS-Resolver über die verschlüsselten Kommunikationswege DNS-over-TLS (DoT) und DNS-over-HTTPS (DoH) an. Diese Dienste tragen massgeblich zur sicheren, unbeobachteten und zensurresistenten Kommunikation bei.
Zu zivilgesellschaftlich relevanten Themen der fortschreitenden Digitalisierung werden wir als fachkompetent wahrgenommen und regelmässig zu Stellungnahmen und Anhörungen eingeladen. Auch die Medien schätzen den kompetenten und unkomplizierten Kontakt.
Auch im Jahr 2020 wird es an Herausforderungen nicht mangeln
Die Debatte zum neuen Datenschutzgesetz wird uns sicherlich bis in den Frühling beschäftigen. Zudem werden bereits neue Überwachungsbefugnisse für den Nachrichtendienst verhandelt.
Am 17. Mai oder 27. September 2020 wird dann (wohl) die Volksabstimmung zur E-ID stattfinden. Die Vorbereitungen zur Kampagne sind bereits angelaufen. Wir wollen uns aber auch (parallel) vermehrt mit den Fragen rund um die digitale Demokratie beschäftigen.
Das Jahr 2020 wird auch zum Schicksalsjahr für E-Voting in der Schweiz werden. Sowohl der Nationalrat wie auch eine Volksinitiative fordern ein Moratorium!
Der «Digitaltag» im September hat erneut gezeigt, dass sich in der aktuellen Debatte zur Digitalisierung in der Schweiz primär grosse Unternehmen Gehör verschaffen können. Wir werden weiterhin unsere Stimme im Interesse der Bürgerinnen und Konsumenten erheben.
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Die Digitale Gesellschaft setzt sich mit grossem Engagement für Grund-, Menschen- sowie Konsumentenrechte im Internet ein. Damit dies auch weiterhin und verstärkt gelingt, ist die gemeinnützige Organisation auf Unterstützung angewiesen.
Wir freuen uns deshalb über deine Mitgliedschaft oder eine Spende. Eine Anmeldung ist online jederzeit möglich. Die Mitgliedschaft gilt ab jetzt auch für das ganze Jahr 2020.
Herzlichen Dank für die Unterstützung!