Der Bundesrat will mit dem Gesetz über «administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts» die zentrale Auswertung von Daten aus der Vorratsdatenspeicherung einführen. Allein schon das Sammeln der Vorratsdaten verstösst gegen die Bundesverfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention. Eine Beschwerde der Digitalen Gesellschaft ist am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hängig. Mit der zentralen Auswertung würde die bestehende Verletzung von Bundesverfassung und Menschenrechtskonvention bestärkt und verschlimmert.
Mit dem vorgelegten Bundesgesetz wollte der Bundesrat still und leise neue Ermittlungsmethoden für Polizei, Staatsanwaltschaft und Geheimdienst schaffen. Das Gesetz soll zentral die Visualisierung von Kontakt-, Kommunikations- und Bewegungsprofilen auf Grundlage der anlasslosen und verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung legalisieren. Diese neuen Möglichkeiten gehen weit über «administrative Erleichterungen» oder eine «Entlastung des Bundeshaushalts» hinaus, welche das neue Bundesgesetz seinem Namen nach verspricht. Nach Protesten – bereits in den Vernehmlassung, von der viele zivilgesellschaftliche Organisationen nur per Zufall erfahren hatten –, beantragte die Finanzkommission des Nationalrats die Rückweisung. Nun berät morgen Montag die zuständige Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen im Nationalrat den Entwurf und hat die Möglichkeit, auf die zentrale Auswertung zu verzichten.
Die Kritik richtet sich aber nicht nur gegen die Heimlichkeit beim Vorgehen: Vielmehr ist die Ausweitung der Überwachung ein weiterer schwerwiegender Eingriff in das Recht auf Privatsphäre.
Die Vorratsdatenspeicherung betrifft ausnahmslos alle Menschen. Sie stellt deshalb einen schwerwiegenden und unverhältnismässigen Eingriff in den verfassungsmässig garantierten Schutz der Privatsphäre dar. Bis jetzt haben alle Verfassungsgerichte in Europa sowie der Europäische Gerichtshof (EuGH), welche ähnliche Überwachungsmassnahmen beurteilen mussten, diese ausnahmslos aufgehoben. Für die Schweiz hat die Digitale Gesellschaft ein strategisches Gerichtsverfahren am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angestrengt. Die Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung ist – mit guter Aussicht auf Erfolg – in Strassburg hängig.
Die Digitale Gesellschaft fordert den Verzicht auf die zentrale Auswertung. Die Schweiz würde damit die Folgen der grundrechtswidrigen Vorratsdatenspeicherung bestärken und verschlimmern. Eine solche Ausweitung der Überwachung ist weder eine «administrative Erleichterung» noch dient sie als «Entlastung des Bundeshaushalts». Im Gegenteil wäre allein schon aufgrund der notwendigen Software-Beschaffung und Wartung mit hohen zusätzlichen Kosten für den Bund zu rechnen. IT Projekte beim Bund scheitern notorisch mit hohen Kostenfolgen zu Lasten der Bundeskasse.