Vorratsdatenspeicherung

«Mit dem Kopf durch die Wand» – Christian Mayrhofer, CC BY-NC-ND 2.0

Die Vorratsdatenspeicherung beschäftigt die Digitale Gesellschaft seit Beginn an. Was diese bedeutet, und warum die Fachgruppe Vorratsdatenspeicherung ihretwegen ein Gerichtsverfahren bis nach Strassburg vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angestrengt hat, fassen wir hier zusammen.

Die Vorratsdatenspeicherung ist so übel, wie das Wort schon klingt. Sie schreibt Anbieterinnen von Post-, Telefon- und Internetdiensten in der Schweiz vor, das Kommunikationsverhalten ihrer Kund:innen für sechs Monate aufzuzeichnen; sprich die Daten der Nutzer:innen verdachtsunabhängig auf Vorrat zu speichern.

Diese Daten beinhalten Informationen, wie wer wann wen von wo und für wie lange kontaktiert hat. Enthalten sind also explizit auch Standortdaten, welche im Falle der Mobiltelefonnutzung ein sehr genaues Bewegungsprofil ergeben können. Sie umfassen aber noch viel mehr. Was diese Daten verraten, zeigte Balthasar Glättli bereits 2014. Die Digitale Gesellschaft hat zur Vorratsdatenspeicherung ein umfassendes Faktenblatt erstellt.

Die Vorratsdatenspeicherung stellt eine eklatante Verletzung des Grundrechts auf Privatsphäre dar, welches durch die Schweizer Bundesverfassung garantiert und auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist. Demgegenüber behaupten Behörden, dass die Vorratsdatenspeicherung für die Prävention und Verfolgung von Verbrechen zwingend nötig sei. Verschiedene Strafrechtsexpert:innen widersprechen dieser Argumentation allerdings, wie etwa ein wissenschaftliches Gutachten des deutschen Max-Planck-Instituts zeigt: Kriminologische Statistiken zeigen schlicht keinen Zusammenhang zwischen dem Einsatz der Vorratsdatenspeicherung und höheren Aufklärungsquoten bei Verbrechen.

Das Bundesverfassungsgericht in Deutschland hatte die Vorratsdatenspeicherung bereits 2010 als unzulässig erklärt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lehnte die anlasslose und verdachtsunabhängige Massenüberwachung bereits dreimal ab. 2018 erklärte auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, was gemäss EuGH gegen die EU-Grundrechtecharta verstosse, sei auch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar.

2014 erhob die Digitale Gesellschaft Beschwerde in der Schweiz gegen die Vorratsdatenspeicherung. Am Bundesgericht, entgegen der hohen Gerichte auf internationaler Ebene, wurde die Vorratsdatenspeicherung nicht für grundrechtswidrig oder unverhältnismässig erklärt. Jedoch wurde das Auskunftsrecht über die gesammelten Daten für Kund:innen auch für Vorratsdaten gesprochen: Über datenauskunftsbegehren.ch können Menschen in der Schweiz Auskunft über ihre Daten verlangen.

Die Beschwerde wurde zum EGMR weitergezogen und ist dort hängig. Die Beschwerde wird von sechs Beschwerdeführern der Digitalen Gesellschaft getragen, unter ihnen Nationalrat Balthasar Glättli und der Jurist und Chefredaktor vom Beobachter Dominique Strebel.

Alle wichtigen Links zur Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung in chronologischer Reihenfolge:


Digitale Gesellschaft vs. Schweiz

Vorratsdatenspeicherung am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Vorratsdatenspeicherung am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Die Digitale Gesellschaft hatte im September 2018 eine Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg eingereicht. Lange blieb es in dieser Angelegenheit ruhig. Nun hat die Schweiz, vertreten durch das Bundesamt für Justiz (BJ), die anlasslose Massenüberwachung vor dem Gericht als «notwendig» verteidigt. Die Beschwerdeführenden der Digitalen Gesellschaft widersprechen vehement.

Ausstehender Entscheid von Bedeutung

Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz steht vor der Beurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz steht vor der Beurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Die Digitale Gesellschaft hat im September 2019 eine Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingereicht. Lange Zeit haben wir nichts vom EGMR gehört. Nun wurde die Schweiz zu einer Stellungnahme eingeladen. Der EGMR ist der Ansicht, dass dieser Entscheid von Bedeutung sein wird.

Vorratsdatenspeicherung

Digitale Gesellschaft fordert Verzicht auf zentrale Auswertung

Digitale Gesellschaft fordert Verzicht auf zentrale Auswertung

Der Bundesrat will die zentrale Auswertung von Daten aus der Vorratsdatenspeicherung einführen. Allein schon das Sammeln der Vorratsdaten verstösst gegen die Bundesverfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention. Eine Beschwerde der Digitalen Gesellschaft ist am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hängig. Mit der zentralen Auswertung würde die bestehende Verletzung von Bundesverfassung und Menschenrechtskonvention bestärkt und verschlimmert.

Wie ist die Rechtslage?

Überwachung von Internet, E-Mail & Co. in der Schweiz

Überwachung von Internet, E-Mail & Co. in der Schweiz

Dieser Beitrag aktualisiert einen früheren Artikel und dient als Handreichung für Verantwortliche, die sich mit der aktuellen Fassung des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) befassen. Der Beitrag thematisiert hierbei sowohl die Pflichten im Zusammenhang mit der Telekommunikationsüberwachung und der Vorratsdatenspeicherung, als auch, wann die Speicherung von Daten von BenutzerInnen rechtswidrig ist.

Dossier

Vorratsdatenspeicherung

Vorratsdatenspeicherung

In der Schweiz müssen Anbieterinnen von Telefon- und Internetdiensten im Auftrag des Staates das Kommunikationsverhalten ihrer KundInnen aufzeichnen, z.B. wer wann wen angerufen hat und wie lange das Gespräch gedauert hat, wer sich wann ins Internet eingeloggt hat und für… mehr

Übersichtlich erklärt

Faktenblatt zur «Vorratsdatenspeicherung»

Faktenblatt zur «Vorratsdatenspeicherung»

In der Schweiz sind sämtliche Anbieterinnen von Post-, Telefon- und Internetdiensten verpflichtet, das Kommunikationsverhalten ihrer KundInnen – wer, wann, wo und mit wem kommuniziert – für sechs Monate aufzuzeichnen. Weil von dieser Überwachungsmassnahme ausnahmslos alle betroffen sind, stellt sie einen unverhältnismässigen Eingriff in den verfassungsmässig garantierten Schutz der Privatsphäre dar. Das Faktenblatt zur «Vorratsdatenspeicherung» erklärt die Hintergründe übersichtlich.

Digitale Gesellschaft erhebt Beschwerde gegen Vorratsdatenspeicherung

Digitale Gesellschaft erhebt Beschwerde gegen Vorratsdatenspeicherung

Die gesamte Kommunikation in der Schweiz unterliegt der Vorratsdatenspeicherung. Die Vorratsdatenspeicherung erfasst flächendeckend und unabhängig von jedem Verdacht die gesamte Bevölkerung. Diese Überwachung kollidiert mit verschiedenen Grundrechten wie insbesondere dem Fernmeldegeheimnis und dem Schutz der Privatsphäre. Die Digitale Gesellschaft hat… mehr

Vorratsdatenspeicherung ist für Verbrechensbekämpfung unnötig

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«Der österreichische Datenschutzrat hat […] mit grosser Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass der Tatbestand [Stalking] zu einem beliebten Anzeigedelikt geworden und sicherheitspolitisch völlig bedeutungslos sei.» Vor einigen Tagen hat der CCC ein wissenschaftliches Gutachten zu möglichen Schutzlücken durch den Wegfall der… mehr