Heute Montag wird im Ständerat die BÜPF-Totalrevision behandelt. Die Revision sieht unter anderem eine Verdoppelung der verdachtsunabhängigen und präventiven Vorratsdatenspeicherung auf 12 Monate vor. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass die Vorratsdatenspeicherung notwendig und wirksam ist. Die Digitale Gesellschaft fordert deshalb den Ständerat auf, eine entsprechende Studie in der Schweiz in Auftrag zu geben. Gleichzeitig soll die Vorratsdatenspeicherung – auch die bisherige! – zumindest vorläufig sistiert werden. Eine Beschwerde der Digitalen Gesellschaft gegen die Vorratsdatenspeicherung ist bereits hängig.
Am Montag, 10. März 2014 steht im Ständerat die Totalrevision des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) auf dem Programm. Die Revision beinhaltet weitreichende Änderungen. Neben der deutlichen Ausweitung des Geltungsbereichs – selbst auf Privatpersonen und Vereine! – soll eine rechtliche Grundlage für den Einsatz von Staatstrojanern und IMSI-Catchern geschaffen werden. Ausserdem ist eine Verdoppelung der verdachtsunabhängigen und präventiven Vorratsdatenspeicherung auf 12 Monate vorgesehen.
Mit der Vorratsdatenspeicherung erfolgt eine flächendeckende und anlasslose Speicherung von Verbindungs-, Verkehrs- und Rechnungsdaten. Die Vorratsdatenspeicherung stellt deshalb einen schweren Eingriff in die Grundrechte gemäss Bundesverfassung und Europäischer Menschenrechtskonvention (EMRK) dar. Das Recht auf Schutz der Privatsphäre, das Fernmeldegeheimnis und die freie Meinungsäusserung dürfen nur eingeschränkt werden, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht, das öffentliche Interesse überwiegt und die Einschränkungen verhältnismässig sind. Die Digitale Gesellschaft ist der Ansicht, dass die Verhältnismässigkeit nicht gegeben ist, weil
- unabhängig von jeglichem Verdacht auf eine Straftat die gesamte Bevölkerung der Schweiz präventiv überwacht wird und die Unschuldsvermutung damit aufgehoben ist,
- es keine Untersuchung zur Erforderlichkeit der Vorratsdatenspeicherung gibt,
- es keine Untersuchung zur Notwendigkeit der Verdoppelung der Vorratsdatenspeicherung auf 12 Monate gibt,
- zumal Zahlen des zuständigen Dienstes «Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr» (Dienst ÜPF) nahelegen, dass die meisten Zugriffe auf die Vorratsdaten bereits nach wenigen Tagen erfolgen,
- die Verwendung von Vorratsdaten nicht auf schwerste Straftaten beschränkt ist, sondern bereits der Verdacht auf Straftaten wie einfacher Diebstahl, Urheberrechtsverletzung oder Zechprellerei ausreicht,
- bei beliebigen Straftaten über das Internet – also selbst bei einer Beleidigung –, die Provider gezwungen sind, eine Identifikation des Urhebers oder der Urheberin zu ermöglichen,
- auch Personen mit Schweigepflichten betroffen sind – beispielsweise Anwälte, Ärzte und Geistliche.
Ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht nicht, da wissenschaftliche Studien nahelegen, dass die Vorratsdatenspeicherung zur Verbrechensbekämpfung nicht notwendig ist (so beispielsweise das renommierte Max-Planck-Institut in Deutschland). Zusätzlich ist die gesetzliche Grundlage ungenügend, weil
- keine Zweckbindung, keine Löschpflicht und auch keine Sorgfaltspflicht besteht,
- kein Auskunftsrecht für die Betroffenen vorgesehen ist,
- die Daten selbst für Rasterfahndungen (Antennensuchlauf) verwendet werden dürfen.
Aus all diesen Gründen hat die Digitale Gesellschaft am 27. Februar 2014 beim zuständigen Dienst «Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr» (Dienst ÜPF) ein Gesuch auf Unterlassung der Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz eingereicht.
Die Digitale Gesellschaft fordert daher den Ständerat auf, eine Studie zur gesetzlichen Grundlage, zum überwiegenden öffentlichen Interesse und zur Verhältnismässigkeit der Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz in Auftrag zu geben und gleichzeitig Art. 26 Abs. 5 E-BÜPF zur Vorratsdatenspeicherung (zumindest vorläufig) zu sistieren.