Erfahrungsbericht

Datenauskunftsbegehren zu Werbe-E-Mails: Doch noch ein Happy End

SPAM
«SPAM» – AJC1, CC BY-NC 2.0

Nach einer unverlangten Werbe-E-Mail stellte ich bei der Absenderin ein Datenauskunftsbegehren und beschritt – als dieses unbefriedigend ausfiel – den Rechtsweg. Ein früherer Beitrag schilderte meine Odyssee. Nun liegt das Urteil gegen die Marketing-Firma vor. Sie wurde für schuldig befunden.

Gastbeitrag von Andreas Stricker 

Im April schilderte ich in einem Gastbeitrag, wie ich ein Datenauskunftsbegehren zu einer unerwünschten Werbe-E-Mail einreichte. Und, als dieses unvollständig beantwortet wurde, den Rechtsweg beschritt. Zu jenem Zeitpunkt war bereits über ein Jahr seit der ursprünglichen Werbe-E-Mail verstrichen, und die Anzeige wegen unvollständiger Datenauskunft gegen die Absenderin, eine Marketingfirma, war noch hängig.

Im Sommer hat nun das zuständige Stadtrichteramt das Verfahren abgeschlossen – und zwar mit einem Strafbefehl gegen die E-Mail-Marketing-Firma.

Das Amt sah es nämlich als erwiesen an, dass die Firma weder dafür gesorgt hatte, dass ich über die Herkunft meiner Kontaktdaten informiert war, noch sichergestellt hatte, dass mein Einverständnis für die Zustellung von Werbung vorlag. Somit sei sie ihren gesetzlichen Pflichten als Datenbearbeiterin nicht nachgekommen, was sie gewusst oder zumindest in Kauf genommen habe.

Damit folgte das Stadtrichteramt den wesentlichen Punkten aus meiner Anzeige.

Mit dem Strafbefehl wurde die Marketing-Firma zu einer Geldstrafe von CHF 200 und zusätzlichen Gebühren von CHF 250 verurteilt, sodass sie insgesamt CHF 450 zu entrichten hat. Ein Eintrag im Strafregister war damit nicht verbunden.

Ich empfand eine gewisse Genugtuung, als ich die Mitteilung erhielt. Und zwar weniger wegen der Busse selbst, sondern weil die Rechtsprechung auf meine Punkte eingegangen war. Die Sorgfaltspflicht liegt also bei jener Firma, die bei einer unerwünschten Datenbearbeitung direkt mit einem in Kontakt steht (in diesem Fall der Senderin der Werbe-E-Mail). Und sie kann im Gegensatz zu meinem hypothetisch formulierten Rezept zum Spammen im letzten Beitrag nicht einfach die Verantwortung an einen vorgelagerten Adresshändler abschieben.

Das bedeutet für die Zukunft: Wenn eine Datenverarbeiterin nur einen Adresshändler als Quelle der Kontaktdaten angibt, dürft ihr von ihr verlangen, genaue Angaben zur ursprünglichen Datenquelle zu erhalten. Es liegt in der Verantwortung der Datenverarbeiterin, beim Adresshändler diese eindeutige originale Herkunft einzufordern. Eine Auskunft wie die folgende vom Dezember 2022 genügt nicht: «Gemäss den uns übermittelten Informationen wurde das Optin mittels einer Umfrage zum Thema NPO (Spenden) erhoben und mit dem Hinweis, dass die E-Mail Adresse für E-Mail Marketing durch Dritte genutzt werden darf.» Ein Satz mit vielen Wörtern und wenig Aussagekraft. Die Daten stammen von einer NPO (Non-Profit-Organisation)? Dann habt ihr das Recht zu wissen, von welcher. Lasst euch also nicht von solchen Sätzen abspeisen.

Anhang: Strafbefehl

Stadt Zürich, Stadtrichteramt, Strafbefehl Nr. 2023-066-252

Das Stadtrichteramt hat am 10. Juni 2024

gegen [die E-Mail Marketing Firma]

wegen vorsätzlicher Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über den Datenschutz vom 25. September 2020 (Stand am 1. September 2023) durch Missachtung der Auskunftspflichten, wobei der Auskunftsberechtigte Andreas Stricker (Geschädigter) Strafanzeige einreichte, indem die Beschuldigte als die für Datenschutz verantwortliche Person der Firma [E-Mail Marketing] dem Geschädigten auf dessen schriftliches Datenauskunftsbegehren vom […] Dezember 2022 betreffend Personendaten und Einverständnis zum Erhalt von E-Mails mitteilte, dass bei ihr als Listbrokerin der Vorname und Name Andreas Stricker sowie die E-Mailadresse […] gespeichert sei und aufbewahrt werde und dass diese Daten von [Name des Adresshändlers] stammten, welche die Daten erhoben habe und über das Werbeeinverständnis verfüge, worauf Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft jedoch ergaben, dass der Vorname und Name Andreas Stricker sowie die E-Mailadresse […] nicht in der Datensammlung enthalten war, der Listeigner an die Beschuldigte weitergegeben hatte, weshalb dass Andreas Strickler [sic] über die Herkunft dieser Personendaten […] informiert war, noch sicherstellte, dass ein Einverständnis von Andreas Strickler [sic] zur Bearbeitung zu Werbezwecken vorlag, womit sie ihren gesetzlichen Pflichten als Datenbearbeiterin nicht nachkam, was sie wusste und wollte oder zumindest in Kauf nahm;

gestützt auf Art. 19 und 20 Bundesgesetz über den Datenschutz vom 25. September 2020 (Stand am 1. September 2023);

in Anwendung von Art. 60 Abs. 1 Bundesgesetz über den Datenschutz vom 25. September 2020 (Stand am 1. September 2023);

verfügt

  1. Die Beschuldigte wird bestraft mit einer Busse (kein Eintrag im Strafregister) und hat ausserdem die Kosten- und Gebührenpauschale zu bezahlten.
    Busse: 200.00 Fr, Kosten- und Gebührenpauschale: 250.00 Fr, Total: 450.00 Fr.
    Die Zahlungsfrist beträgt 30 Tage ab Zustellung dieses Strafbefehls.
    Erfolgt die Zahlung nicht innert Frist, wird eine Mahngebühr von Fr. 20.00 erhoben.
  2. Mitteilung an
    1. die Rechtsvertretung gegen Empfangsbestätigung
    2. Stricker […]
  3. Einsprache innert 10 Tagen ab Zustelldatum. Das Einspracheverfahren ist kostenpflichtig.

Signatur der Stadtrichterin