Die Zeitung der Bund organisiert regelmässig Podiumsdiskussionen im Rahmen der Reihe «Bund im Gespräch». Am 25. August 2014 hatte der Bund zu einem Gespräch mit dem Bundesrat und Armeereformer Ueli Mauerer im Hotel Bellevue Palace geladen. Der Bundesrat sprach unter anderem über Sicherheit, Nachrichtendienste und den gläsernen Bürger. Die Digitale Gesellschaft war vor Ort und hat für Interessierte ein selektives Protokoll des Anlasses erstellt.
Einleitend berichtete der Verteidigungsminister von dem verlorenen Abstimmungskampf um den Gripen. Auf diesen Teil wird in diesem Bericht bewusst verzichtet, dafür widmen wir uns umso mehr den digitalen Verteidigungsräumen.
Der Vorschlag des Bundesrates zum Nachrichtendienstgesetz wurde von der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) des Nationalrats heute verabschiedet. Nach dem Willen des Bundesrats sollen die Kompetenzen des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) massiv ausgebaut werden. So soll der NDB zukünftig präventiv Telefone überwachen und in Computer mittels Staatstrojaner eindringen können. Der Moderator fragte ob es dem «konservativen Staatsskeptiker» (anm. Ueli Maurer) nicht ein wenig mulmig zu Mute sei, dem NDB so weitreichende Kompetenzen zu geben.
Maurer relativierte diese «weitreichenden Konsequenzen», zumal die Hürden extrem hoch seien. Es komme jährlich etwa 10 mal vor, dass eine solche Überwachung angeordnet werde. Um ein NDB-Überwachung einzuleiten müssten drei Bundesräte (EDA, EJPD, VBS) handeln und einen Antrag zuhanden des Gesamtbundesrats machen. Dieser Antrag muss danach auch noch vom Bundesverwaltungsgericht genehmigt werden. Mit bestimmter Stimme stellte Bundesrat Maurer klar, «Der NDB hört kein einziges Telefon ab». Diese Aussage ist korrekt, aber als überspezifisches Dementi einzustufen, denn der NDB überwacht nicht selber, sondern lässt überwachen. Der Dienst ÜPF ist für Überwachungsmassnahmen im nicht Militärischen verantwortlich. Nach dem Vorschlag des Bundesrats zum neuen Nachrichtendienstgesetz erhält der NDG sämtliche Kompetenzen gemäss BÜPF. Somit hat der Nachrichtendienst durchaus Zugriff auf Vorratsdaten oder Telefonaufzeichnungen, da die Behörden dem NDB Auskunft geben müssen.
Ueli Maurer ging auch auf den Fichenskandal ein, bzw. auf die Frage was Geheimdienste tun dürfen und was sie wirklich tun. Bei Maurers Amtsantritt (2008) waren noch etwa 200’000 Personen «fichiert», diese Zahl läge heute bei rund 60’000, wovon etwa 10% Schweizer Staatsbürger seien. Es sei viel Zeit seit dem Fichen-Skandal der 90er Jahre vergangen, denn unter seiner Amtsführung sei die Anzahl Fichen-Dossiers massiv reduziert worden. Maurer nimmt für sich in Anspruch, dass er der erste Bundesrat sei, der in dieser Sache rigoros aufgeräumt habe. Im Gegensatz zu früher, werde heute im Zweifelsfall eine Fiche nicht erstellt. Dann machte Maurer eine Aussage, welche jeden Digital Native vom Bildschirm hochblicken lässt: «Nicht der Bürger muss gläsern sein, sondern der Staat».
Es gibt aber nicht nur Vorbildliches zu berichten. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) veröffentlicht einen Jahresbericht. Die GPK mahnt im Bericht 2013, Punkt 4.2.3 dass die Aufbewahrungsfrist nicht eingehalten wurde. Konkret wurde die Aufbewahrungsfrist umgangen, in dem die Akten in ein anderes System eingepflegt wurden und die Orginalakte vernichtet worden ist. Ueli Maurer mag das VBS reformiert haben, Geheimdienste zu kontrollieren ist sicherlich nicht leicht, da diese immer wieder Kniffe und Mittel finden um politische Einschränkungen zu umgehen.
Auf dem Poduim wurde Maurer nun gefragt ob sich amerikanische Dienste an die Gesetze auf Schweizer Landesboden halten würden. Maurer antwortete lapidar: «Nein, Die Amerikaner (anm. NSA) machen was sie wollen. Wir haben wenige Möglichkeiten um das abzuwenden». Es erstaunt doch sehr, dass unser Verteidigungsminister, dessen Aufgabe u.a. das Abwenden von Angriffen auf das Land ist, wie ein Käfer auf dem Rücken bereits kapituliert hat. Als 2013 bekannt wurde, dass auf der US-Mission in Genf Überwachungsequipment zu Spionagezwecken montiert sei, hat der Gesamtbundesrat den Bundesanwalt an die kurze Leine genommen, obwohl es dazu im Strafgesetzbuch einen Straftatbestand «Verbotene Handlungen für einen fremden Staat» geben würde. Die Harmonie zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika gewichtet der Bundesrat offensichtlich höher, als ein Strafverfahren einzuleiten und die Vorfälle zu untersuchen.
Der Bund hat einen Mitschnitt des Gesprächs mit Ueli Maurer veröffentlicht.