Alle drei entwickelten und in der Schweiz getesteten Systeme für E-Voting sind nach 20 Jahren Versuchsbetrieb tot. Die geplante Überführung der elektronischen Stimmabgabe in den ordentlichen Betrieb ist 2019 dann auch wegen massiver Kritik gescheitert. Trotzdem will der Bund am Versuchsbetrieb festhalten und hat Mitte 2022 eine neue rechtliche Grundlage geschaffen.
Zurzeit gibt es in der Schweiz, ergänzend zu den bestehenden Wahl- und Abstimmungskanälen, kein E-Voting (mehr), da im Jahr 2019 beide noch verbliebenen Systeme eingestellt wurden: Beim System vom Kanton Genf scheiterte es an der Finanzierung während die Post schwere technische Mängel nicht beheben konnte. Die geplante Überführung der elektronischen Stimmabgabe in den ordentlichen Betrieb ist dann auch wegen massiver Kritik gescheitert.
Dennoch wurde Mitte 2022 eine neue rechtliche Grundlage für E-Voting geschaffen, aufgrund derer die Kantone erneut entscheiden können, ob sie für einen beschränkten Teil ihrer Bürger:innen E-Voting als dritten Stimmkanal zur Verfügung stellen wollen. Während sowohl die E-Voting-Systeme der ersten Generation wie auch jene der zweiten Generation letztlich Schiffbruch erlitten haben, verfolgt der Bund nach wie vor das Ziel, E-Voting längerfristig der ganzen Stimmbevölkerung zur Verfügung zu stellen.
Informationstechnisch gleicht die Entwicklung eines sicheren E-Voting-Systems allerdings einer Jahrhundertaufgabe. Einerseits sind die technischen Herausforderungen in der Umsetzung riesig: Die Wahrung des Stimmgeheimnisses bei gleichzeitiger Sicherheit der Stimmabgabe sowie Überprüfbarkeit der Resultate. Andererseits bleiben demokratie-politische Probleme, wenn diese Herausforderungen gelöst wären.
Durch das Stimmgeheimnis ist eine Prüfung durch Laien bzw. dazu bestimmten Personen (democracy by the people) von E-Voting-Resultaten nicht möglich. Auch wenn versucht wird, die Überprüfbarkeit elektronisch zu lösen, so geht durch die nicht nachvollziehbare Komplexität die demokratische Kontrolle durch die Öffentlichkeit verloren. Dies führt zu sinkendem Vertrauen. Das Vertauensproblem kann dabei nicht durch eine auf Sicherheit fokussierte Diskussion gelöst werden, da Sicherheit nie garantiert werden kann.
Letztlich sind E-Voting-Systeme entweder verständlich und nachvollziehbar, verletzen jedoch das Stimmgeheimnis, oder aber sie schützen Letzteres und verlieren mangels Nachvollziehbarkeit die demokratische Legitimation. Vollständig verifizierbare Systeme sind also (zumindest theoretisch) die Lösung für die drohende Verletzung des Stimmgeheimnis’, schaffen jedoch ein mindestens gleich grosses Problem, da sie sich aufgrund fehlender Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der direktdemokratischen Legitimation entziehen.
Die Digitale Gesellschaft sieht, wie beispielsweise auch das Bundesverfassungsgericht in Deutschland, einen grundsätzlichen Konflikt zwischen dem Demokratiebegriff und E-Voting. Daher lehnen wir E-Voting als Stimmkanal ab. Die Fachgruppe E-Voting verfolgt die technischen und gesetzlichen Entwicklungen. Sie beschäftigt sich aber auch mit weiteren Bereichen, in denen digital und geheim Entscheidungen gefällt werden müssen (bspw. in Vereinen).