Im März 2021 hat die Schweizer Stimmbevölkerung das E-ID-Gesetz wuchtig abgelehnt. Mit den darauf folgenden Vorstössen im Parlament wurde unmittelbar die Grundlage für eine «vertrauenswürdige, staatliche E-ID» gelegt. Nun wird bereits der neue Vorschlag im Parlement diskutiert. Die Digitale Gesellschaft und die Organisationen des E-ID-Referendums begrüssen die Stossrichtung des neuen E-ID-Gesetzes. Allerdings droht die Gefahr, dass wir im Internet in Zukunft für ganz alltägliche Dinge einen Ausweis zeigen müssen.
Die Schweizer Stimmbevölkerung das E-ID-Gesetz im März 2021 mit einer wuchtigen Zweidrittelmehrheit verworfen. Das Referendum hatten wir gemeinsam mit Public Beta lanciert, nachdem Bundesrat und Parlament nach langer Vorbereitung eine E-ID beschlossen hatten, die private Herausgeber vorsah – und damit auch alle Stimmen missachteten, die einen besseren Datenschutz und die Herausgabe als hoheitliche Aufgabe gefordert hatten.
Bereits wenige Tage nach dem Abstimmungssonntag wurde im Parlament ein Vorstoss für eine «vertrauenswürdige, staatliche E-ID» eingereicht, die wir gemeinsam mit Parlamentarier:innen vorbereitet hatten. Der Vorstoss (in Form einer Motion) wurde dann gleich in sechsfacher Ausführung und unterstützt von allen Fraktionen eingereicht. Ein solcher Schulterschluss unmittelbar nach einem harten Abstimmungskampf und über alle Parteigrenzen hinweg ist einzigartig.
Mit diesem deutlichen Zeichen bahnte sich definitiv ein Kurswechsel um 180 Grad an. Der neue Entwurf sieht denn auch vor:
- Self-Sovereign Identity
- Privacy-by-Design
- Privacy-by-Default
- Dezentrale Datenspeicherung
Mit dem E-ID-Referendum ist es nicht nur gelungen, die Privatisierung der E-ID zu verhindern, sondern die Debatte konstruktiv in neue Bahnen zu lenken. Anstatt einem Geschäftsmodell für Private steht nun der Nutzen für die Allgemeinheit im Zentrum des Vorhabens. Digitale Selbstbestimmung, Datensparsamkeit und Datenschutz durch Technik sind die Leitlinien.
Allerdings gibt es im neuen Vorschlag auch Schatten: Es droht die Gefahr, dass wir im Internet in Zukunft für ganz alltägliche Dinge einen Ausweis zeigen müssen. Eine solche «Überidentifikation» konnten wir im Nationalrat durch mehrere Verschärfungen weitgehend verhindern. Im Juni 2024 hat aber der Ständerat einen Zwang für eine Bundeswallet für die Ausstellung der E-ID und eine Zertifizierung für Wallets von Drittanbieter für das Aufbewahren und Vorweisen der E-ID beschlossen. Damit würde ein offenes Ökosystem auf Basis von Open Source Software verhindert.