In der Debatte zum Urheberrecht 2019 wurde im Ständerat überraschend ein Leistungsschutzrecht für Medienverlage beschlossen. In der Folge wurde in kürzester Zeit eine Allianz gegründet, die sich mit aller Kraft und erfolgreich gegen das selbstzerstörerische Vorhaben wehrte. Leider war der Erfolg nur von kurzer Dauer: Bereits während der Debatte wurde der Bundesrat beauftragt, die weltweite Entwicklung zu beobachten. Nach einem Bericht folgte 2023 ein Vorentwurf und eine Vernehmlassung. Trotz viel Kritik droht nun 2025 erneut, dass eine Linksteuer eingeführt wird.
Linksteuer
Der Rückgang der Einnahmen bei klassischen Medien, sowohl in der Werbung wie auch der Abonnements, ist ein grosses Problem. Die Entkopplung von Inseraten und Journalismus wurde durch die Medienverlage jedoch massgeblich selbst herbeigeführt, indem sie das lukrative Kleinanzeigen-Geschäft in separate Unternehmen überführt haben. Die Forderung nach einem Leistungsschutzrecht für Presseverlage, einer Linksteuer, führt in vielerlei Hinsicht in die Irre.
So wird argumentiert, dass die grossen Plattformen, wie insbesondere Google (Search und News) und Facebook, journalistische Inhalte ungefragt «übernehmen» würden. Diese sind jedoch, wie alle anderen Inhalte auch, urheberrechtlich geschützt. Es können bereits nach heutigem Recht, keine Inhalte ohne Einwilligung des Rechteinhabers übernommen werden. Verlinken bedeutet zudem nicht übernehmen. Die Behauptung der Verlage, dass ihre Inhalte ungefragt übernommen oder verwendet werden, ist falsch.
Die Link-Vorschauen und die sogenannten Snippets sind komplett durch die Rechteinhaber konfigurierbar. Die Verlage können entscheiden, ob solche Snippets angezeigt werden, welchen und wie viel Text diese Vorschauen beinhalten, sowie ob und welches Vorschaubild angezeigt werden soll. Eine Zwangslizenz für Anreisstexte oder Links würde den Tech-Konzernen entweder nicht schaden (resp. gar ihr Monopol fördern) – oder sie würden, wie beispielsweise in Spanien den Dienst Google News einstellen oder wie in Kanada keine Links oder Snippets von Medienhäuser mehr anzeigen.
Würde es zu Zwangsabgaben kommen, so würden pro Link insgesamt ein paar Rappen zusammenkommen, welche die Journalist:innen, insbesondere in kleinen und Lokal-Redaktionen, nicht substantiell unterstützen, sondern auch hier eine Konzentration (und den Fokus auf Quantität anstatt Qualität) fördern würde. Aktuell ist der Markt für digitale Nachrichteninhalte eine Win-Win-Situation: Nutzer:innen finden die Nachrichteninhalte auf Plattformen während dem Verlage Reichweite und Traffic erhalten, den sie monetarisieren können.
Das Leistungsschutzrecht löst das Problem der internationalen Steueroptimierung durch globale Konzerne hingegen nicht. Ein allfälliges Besteuerungsproblem kann nicht mit dem Urheberrecht gelöst werden. Ein möglicher Ansatz wären eine globale Mindeststeuer oder die Besteuerung von Werbung.
Eine Besteuerung von Links würde die öffentliche Debatte verhindern, indem nicht mehr frei über Inhalte auf Medienseiten (inkl. Zitat und Link) gesprochen werden könnte. Wobei der grösste Teil der von den Plattformen angezeigten Links nicht auf journalistische Inhalte verweisen, was bedeutet, dass der grösste Teil der Werbeumsätze dieser Plattformen nicht in einem journalistischen Umfeld stattfindet.
Links sind ein wesentliches Merkmal – wenn nicht die Grundlage überhaupt – des Internets. Eine Besteuerung würde nicht nur die öffentliche Debatte sonder auch das Innovationspotential der Gesellschaft und der Wirtschaft massiv reduzieren.
Parlamentarische Debatte und digitale Zivilgesellschaft
Das Parlament stellte 2019 seine Bemühungen zu einem Leistungsschutzrecht aufgrund der Kritik aus der Zivilgesellschaft sowie der Digitalen Gesellschaft vorerst ein. Stattdessen beauftragte es einen Bericht über die mögliche Wirksamkeit des Leistungsschutzrechts u.a. anhand der Erfahrungen der EU-Mitgliedstaaten. Der Bericht (PDF) erschien Ende 2021. Aufgrund dieses Berichts hat der Bundesrat beschlossen, die gesetzlichen Grundlagen für ein Leistungsschutzrecht ausarbeiten zu lassen. Damit wird erneut eine Diskussion über etwas geführt, worüber sich die Politik im mühselig geschnürten AGUR12-Kompromiss bereits einig war.
Der Bericht ist aus verschiedenen Gründen problematisch und arbeitet das Thema nicht umfassend auf. So wird behauptet, es gäbe substanzielle Erfahrungen aus der EU, obwohl erst vier der 27 Mitgliedsstaaten ein Leistungsschutzrecht überhaupt erst eingeführt haben. Zudem fehlen Erkenntnisse, die einen tatsächlichen Beitrag des Leistungsschutzrechts zur wirtschaftlichen Stabilisierung journalistischer Arbeit in Europa nahelegen würden. Auch die Regulierungsfolgenabschätzung (PDF) kann nicht als Argument für ein Gesetze herangezogen werden, da sie im Gegenteil (zumindest vorläufig) empfahl, auf eine solche Regulierung zu verzichten. Der Vorentwurf des Bundesrats wurde in der Vernehmlassung 2023 daher sehr kritisch aufgenommen. Trotz der grossen Kritik und entgegen der eigenen Regulierungsfolgenabschätzung will der Bundesrat an der Einführung eines Leistungsschutzrechts jedoch unbeirrt festhalten. Mit einem Gesetz ist 2025 zu rechnen.
Die Digitale Gesellschaft setzt sich für ein faires Urheberrecht und einen unabhängigen Journalismus ein. Entsprechend wird sie sich aktiv an den politischen Debatten beteiligen und sich vehement gegen eine Regulierung von Links und Snippets wehren. Eine staatliche, gerechte Medienförderung muss in einer eigenen Vorlage demokratisch legitimiert werden.
Die Digitale Gesellschaft fordert das Parlament auf, auf das geplante Leistungsschutzrecht für Medienunternehmen zu verzichten, um den Medienstandort Schweiz nicht zu gefährden. In einem neuen Positionspapier erläutert die Digitale Gesellschaft ihre Haltung.